Copyright� 1999-2003 Comunit� di Sant'Egidio

Aachen, 07.09.2003
Pontifikalamt
Bischof Dr. Heinrich Mussinghoff

Jesaja 35,4-7
Jakobus 2,1-5
Markus 7,31-37

Liebe Schwestern und Br�der im Herrn!
Verehrte leitende Geistliche und Pers�nlichkeiten der verschiedenen christlichen Kirchen und Gemeinschaften!
Werte G�ste und Freunde!

Heute beginnt das Friedensgebet in Aachen.
Ich hei�e Sie alle ganz herzlich willkommen.
Wir, die Comunit� di Sant�Egidio und das Bistum Aachen sind hocherfreut und geehrt, dass Sie in so gro�er Zahl und in so bedeutender Repr�sentanz gekommen sind.
Wir beten zu Gott, dem Sch�pfer des Himmels und der Erde, der uns in seinem Sohn Jesus Christus sein liebendes Antlitz zeigt. Er ist gekommen als der "F�rst des Friedens" (Jes 9, 5). Er ist unser Retter und Heiland. "Er ist unser Friede" (Eph 2, 14).

Wenn wir um Frieden beten, wenden wir uns an den einen Gott. Wir wissen: Gott ist nicht katholisch, Gott ist nicht evangelisch, Gott ist nicht orthodox. Gott ist nicht einmal christlich. Gott ist nicht j�disch, Gott ist nicht muslimisch. Gott ist nicht buddhistisch. Gott ist nicht der Gott dieser oder jener Religion, Gott ist Gott. Gott ist der Gott und Vater aller Menschen. Gott will die Rettung aller Menschen (1 Tim 2, 3). Gott sorgt sich um alle Menschen. Gott liebt alle Menschen. Gott ist Gott f�r alle. Er ist unser guter Vater. Wir alle sind seine Gesch�pfe, Kinder dieser Erde.

Wenn in diesen Tagen Vertreter der unterschiedlichen Religionen dieser Erde zu Gott f�r den Frieden beten, dann tun wir das mit unterschiedlichen Gottesvorstellungen und in unterschiedlichen Weisen der Gottesverehrung. Wir alle wollen den wahren Gott verehren, aber wir tun dabei nicht das Gleiche. Wir k�nnen uns in unseren Unterschiedlichkeiten der Gottesvorstellungen und der Gottesverehrung gegenseitig respektieren und wertsch�tzen, wir k�nnen auch viel Gemeinsames und Verbindendes entdecken, aber wir unterscheiden uns in Glaube und Religion. Dieses Friedenstreffen will nicht die synkretistische Vermischung der Religionen, sondern den gegenseitigen Respekt in dem, was uns verbindet und was uns trennt, in der Achtung vor dem religi�sen Profil des anderen. Das Zweite Vatikanische Konzil hat uns gelehrt: "Die katholische Kirche lehnt nichts von all dem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs� und Lebensweisen, jene Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selbst f�r wahr h�lt und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, der alle Menschen erleuchtet" (Nostra aetate Nr. 2).

Als Christen glauben wir an den dreieinigen Gott und wir bekennen, dass Gott seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus zu unserem Heil, zur Rettung aller Menschen gesandt hat. Das Konzil f�hrt darum fort: "Unabl�ssig aber verk�ndet sie (die Kirche) und muss sie verk�ndigen Christus, der ist "der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Joh 14, 6), in dem der Mensch die F�lle des religi�sen Lebens findet, in dem Gott alles mit sich vers�hnt hat (Nostra aetate Nr. 2). Wir bekennen: "Er ist in unseren Herzen aufgeleuchtet" (2 Kor 4, 2), und wir bezeugen ihn durch unser ganzes Leben und gerade auch in diesen Tagen des Aachener Friedensgebetes. Denn "er ist unser Friede" (Eph 2, 14). Er ist der gekreuzigte und der auferstandene und der in Gottes Herrlichkeit erh�hte Herr. Er ist unser Retter und Heiland.

Als Christen sind wir gerufen, uns f�r Gerechtigkeit und Friede in der Welt einzusetzen, die Option f�r die Armen, die Alten und Schwachen zu leben, uns in den Geist der Bergpredigt Jesu einzu�ben, in der Jesus die selig preist, die arm sind vor Gott, die trauern und keine Gewalt anwenden, die hungern und d�rsten nach der Gerechtigkeit, die barmherzig sind und ein reines Herz haben, die Frieden stiften und um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden. Wenn wir ihm darin folgen auch in den Begegnungen dieser Tage, dann ist uns Gottes Reich verhei�en (vgl. Mt 5, 3-11).

Diese Botschaft bringt uns der Barbarossaleuchter hier im Oktogon des Domes vor Augen, dessen acht kleine Bodenplatten das Leben Jesu von der Verk�ndigung bis zum verkl�rten Herrn und dessen acht gro�e Bodenplatten die acht Seligkeiten darstellen und der uns sagt: wer sein Leben an Leben und Lehre Jesu ausrichtet, dem �ffnet sich das himmlische Jerusalem. Diese Botschaft muss uns zur Grundhaltung werden, dann k�nnen wir Botschafter des Friedens werden, seines Friedens.

Im heutigen Evangelium sehen wir, wie Jesus einen Taubstummen heilt. Was ist das f�r ein Mensch, der nicht h�ren und sprechen kann! Auch wir haben oft taube Ohren und einen stummen Mund. Wir brauchen offene Ohren und offene Herzen. Wir brauchen eine lebendige Sprache, die die Herzen der Menschen trifft. Gerade wo Unfriede herrscht, wo unser offenes Wort gefragt ist, da sollen wir als aufmerksame H�rer und einf�hlsame Sprecher f�r den Frieden eintreten. Wir beten, dass Jesus unsere tauben Ohren und unseren stummen Mund �ffnet, damit wir "au�er uns vor Staunen sagen: "Er hat alles gut gemacht, er macht, dass die Tauben h�ren und die Stummen sprechen" (Mk 7, 37). M�gen die Menschen die Stimme des Friedens h�ren, die in diesen Tagen aus Aachen kommt. Dann erf�llt sich die Verhei�ung des Propheten: "Habt Mut, f�rchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott ... Dann werden die Augen der Blinden ge�ffnet, auch die Ohren der Tauben sind wieder offen. Dann springt der Lahme wie ein Hirsch, die Zunge des Stummen jauchzt auf. In der W�ste brechen Quellen hervor und B�che flie�en in die Steppe. Der gl�hende Sand wird zum Teich und das durstige Land zu sprudelnden Quellen" (Jes 35, 4-7).

Wir beten:
Herr, mach uns zu einem Werkzeug deines Friedens (Franziskus von Assisi).
Lord, make us instruments of your peace.
Signore, fa di noi un strumento della tua pace.
Amen.