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27/12/2001 |
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Schweinfurt Das Weihnachtsfest ist f�r die Menschen im christlichen Glaubenskreis ein freudiges Ereignis. Dass dies f�r manche nicht unbedingt so sein muss, zeigt ein Blick hinter die hohen Mauern der Justizvollzugsanstalt in der Hadergasse. Weihnachten in der "Villa Rosa": Wie Gefangene und Personal die stillen Tage erleben Die Einzelzelle ist karg eingerichtet: Ein Bett, ein Schrank, ein Tisch, ein Fernseher, ein Waschbecken, eine Toilette, ein paar Poster mit unbekleideten Sch�nheiten an den W�nden. Ein Blick aus dem vergitterten Fenster: nur Himmel und der rauchende Schornstein des Ernst-Sachs-Bades. Lediglich ein Tannenzweig, Pl�tzchen und Orangen auf dem Tisch lassen so etwas wie weihnachtliche Stimmung aufkommen. Alles auf etwas mehr als zehn Quadratmetern - so sieht das pers�nliche Leben des Maximilian S. (Name von der Redaktion ge�ndert) hinter Gittern aus. Weihnachtsstimmung? (Fast) Fehlanzeige! "Warum soll ich eigentlich Weihnachten feiern?", fragte sich der junge Mann anf�nglich in der Vorweihnachtszeit. "Ich kann meinen beiden Kindern doch nichts schenken." Aber auch in der "Villa Rosa" hielt in den Tagen vor dem Heiligen Abend weihnachtliches Ambiente Einzug: Adventskr�nze, zwei Christb�ume wurden geschm�ckt. Zudem wurde f�r die aktuell 35 Gefangenen vor und an den Feiertagen ein besonderes Programm angeboten. Advents- und Weihnachtsgottesdienste standen im Mittelpunkt. Die Vorsitzende des italienischen Hilfswerkes Sant' Egidio kam zu einer Weihnachtsfeier, die sie speziell f�r die Abschiebeh�ftlinge veranstaltete. "Viele haben hier keine Angeh�rigen und sch�tzen dieses Angebot", erkl�rt der stellvertretende Anstaltsleiter der JVA W�rzburg und Schweinfurt, Peter Landauer. Selbst manche Muslime oder Hindus nahmen an den Gottesdiensten teil, da sie von der weihnachtlichen Stimmung beeindruckt waren. Die Pfarrei Heilig Geist und die Caritas brachten Geschenke f�r die Gefangenen vorbei. Die "Christen in Aktion" kamen ebenfalls, um mit den H�ftlingen gemeinsam zu singen und Geschenke zu verteilen. Ausnahmsweise Porzellangeschirr Landauer und der Dienstleiter f�r die hiesige JVA, Franz B�hm, freuen sich �ber das Engagement der kirchlichen und caritativen Einrichtungen: "Wir sind froh, dass wir im Ged�chtnis dieser Organisationen sind." Erg�nzt wurde das Programm durch das spezielle Weihnachtsessen. In diesem Jahr gab es an den drei Tagen Schweinegeschnetzeltes, Rinderbraten und am Zweiten Weihnachtsfeiertag die ber�hmte Entenkeule. Um den Gefangenen etwas besonderes zu bieten, wurde das Essen auf Porzellan- statt Metallgeschirr serviert. Gedanken bei der Familie In der Vorweihnachtszeit wird es stets ruhiger im Haus. �Die meisten Inhaftierten denken viel an die Familie zu Hause und tr�umen sich weg", umschreibt Peter Landauer die typischen "Weihnachtssymptome". An Heilig Abend, nach dem �kumenischen Gottesdienst mit Geschenk�bergabe und dem Mittagessen, wird es still in der JVA. Fast alle Gefangenen wollen dann nur noch alleine sein und "verkriechen" sich in ihre Zelle. Denn �fters, so berichtet Franz B�hm, wird die Nase rot, die Augen feucht und "manchmal flie�t auch schon mal eine Tr�ne". Selbst die Wortf�hrer w�rden dann leiser werden. Das diensthabende Personal spendet in solchen Momenten manchmal Trost oder reicht den normalerweise harten Jungs die Hand. "Man f�hlt sich ber�hrt", gesteht B�hm. Bei Maximilian S. wurde die Erinnerung an Vergangenes wach. Dies ist nicht immer einfach, gesteht er. Ablenken hei�t das Motto, um bereits in der Adventszeit mit den vielen ruhigen Momenten klar zukommen. Beispielsweise mit Schreiben oder Lesen. "Der falsche Trip" hei�t sein aktuelles Buch, das von Problemen mit Drogen berichtet. Freiwillig blickt Maximilian dahin zur�ck, was ihn 21 Monate hinter Gitter gebracht hat. Mittlerweile hat er die H�lfte seiner Haftstrafe abgesessen, davon die letzten beiden Monate in der "Villa Rosa". "Ich habe schlimme Erfahrungen gemacht", berichtet der junge Mann und wirkt dabei ruhig und gelassen. "Heute wei� ich, dass es falsch war", kann er r�ckblickend zu seinen Fehler stehen. Mit dieser Gewissheit wurde es f�r ihn etwas einfacher, die stillen Weihnachtstage zu �berstehen.
Stefan Pfister
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