Comunità di S.Egidio


 

07/09/2002


Nie mehr Mord im Namen Gottes
Interreligi�ser Friedensgipfel der Gemeinschaft Sant' Egidio endet mit klarer Absage der Religionsvertreter an den Terror

 

Palermo (DT/KNA/KAP) Mit einer klaren Absage an jeden Missbrauch von Gott und Religion f�r Hass und Gewalt ist am Dienstagabend der interreligi�se Friedensgipfel von Palermo zu Ende gegangen. �Der Name Gottes ist Frieden. Niemand darf Gott anrufen, um seinen eigenen Krieg zu segnen�, hei�t es in dem gemeinsamen Schlussappell der 450 hochrangigen Delegierten von zw�lf Weltreligionen. Gemeinsam appellierten die Religionsf�hrer an ihre Anh�nger, sich f�r den Dialog als Weg der Konfliktl�sung einzusetzen. Das von der r�mischen Basisgemeinschaft Sant�Egidio organisierte dreit�gige Treffen in der sizilianischen Hauptstadt stand unter dem Motto: �Religionen und Kulturen zwischen Konflikt und Dialog�. �Denjenigen, die im Namen Gottes t�ten und Krieg f�hren, sagen wir: H�rt auf! T�tet nicht! Gewalt ist eine Niederlage f�r alle! Diskutieren wir gemeinsam, und Gott wird uns erleuchten�, formulierten Christen, Juden, Muslimen, Buddhisten und Vertreter anderer Glaubensgemeinschaften in ihrem gemeinsamen Appell.

Depression und Resignation beherrschen das Klima
Zugleich fordern sie einen energischen Schutz des Menschen und der Umwelt. �Respektiert das Gesch�pf und jede Kreatur. Ihr Leben ist unsere Zukunft und unsere Hoffnung�, so der Appell. Der Beginn des neuen Jahrtausends sei von Gewalt gepr�gt, schreiben die Religionsf�hrer. Viele Menschen h�tten Zukunftsangst, litten unter Resignation und seien pessimistisch. Leiden und Not bestimmten viele Bereiche der Welt: Mangel an Wasser, an Medizin, Sicherheit, Nahrung, Freiheit und Menschenrechten. Vor diesem Hintergrund m�ssten die Religionen Hoffnung geben und sich f�r das menschliche Leben in W�rde und f�r eine �Globalisierung der Solidarit�t, des Dialogs, der Gerechtigkeit und der Sicherheit f�r alle� einsetzen.

�Es ist eine Beleidigung Gottes und der Menschen, tausende Menschen im Namen Gottes zu t�ten�, unterstrich der Pr�sident des P�pstlichen Rates f�r die Einheit der Christen, Kardinal Walter Kasper, im Hinblick auf den bevorstehenden Jahrestag der Attentate vom 11. September 2001 in New York und Washington.

Zwischen Schuldigen und Unschuldigen unterscheiden
Kasper �u�erte sich im Gespr�ch mit der italienischen Nachrichtenagentur SIR am Rande der Nachfolgekonferenz zum Assisi-Friedenstreffen in Palermo. Kaspers Auffassung wurde auch von dem marokkanischen muslimischen Theologen Mohammed Amine Smaili und dem Pr�sidenten des Verbandes der Israelitischen Kultusgemeinden Italiens, Amos Luzzatto, geteilt. Smaili unterstrich im Gespr�ch mit SIR, kein religi�ser Mensch d�rfe im Namen Gottes t�ten: �Gott gibt das Leben und nicht den Tod.� Die M�rder h�tten �nichts gemein mit dem Herrn, dem Ewigen�. Es gebe keinen religi�sen Menschen, der seine Religion ernsthaft studiert habe, der �Integralist� sein k�nne. Zugleich appellierte der muslimische Theologe, im Hinblick auf den 11. September nicht �Schuldige und Schuldlose auf eine Ebene zu stellen�. Kardinal Kasper erinnerte daran, dass der Friede ein �fundamentaler Wert� f�r Christen, Juden und Muslime sei.

Das Assisi-Gebetstreffen im Januar und die Konferenz in Palermo seien �Zeichen gro�er Hoffnung�. Auf diesem Weg h�tten die Christen viel zu geben, weil der Friede auf den christlichen Werten von �Gerechtigkeit, Vers�hnung und Vergebung� aufbaue. In diesem Zusammenhang erlange aber auch der �kumenische Dialog der getrennten Christen eine nie gekannte Bedeutung, stellte Kasper fest: �Wenn in einer solchen Zeit die Christen gegeneinander stehen, k�nnen sie nicht Zeichen und Ins-trument des Friedens sein�. Kardinal Kasper hob hervor, der einzige Weg zu einer gemeinsamen Zukunft sei, das gegenseitige Misstrauen zwischen den Religionen zu �berwinden. �Man kann nicht die Unterschiede �berwinden, ohne das Misstrauen zu besiegen�, so Kasper. Die Unterschiede k�nnten nur in der pers�nlichen Begegnung �berwunden werden, �wenn wir uns in die Augen schauen�. Ein Dialog gelinge nicht ohne pers�nliche Begegnung. Freundschaft geh�re genauso dazu wie gemeinsames Beten und gemeinsames Essen. Die Erfahrung vieler Dialoge habe gezeigt, dass Freundschaft zur �berwindung von Vorurteilen beitrage. �Es ist heute unsere Pflicht, dies zu verwirklichen, sagte der Kardinal und lobte die beispielhafte Initiative von Sant'Egidio: �Der wahre Frieden beginnt, wenn er die ganze Welt umfasst.� Auf die Frage, warum die menschliche Logik so oft �ber die Logik Gottes gestellt werde, meinte Kasper, es gebe keinen Widerspruch zwischen Gott und der Vernunft. Gott habe dem Menschen die Vernunft geschenkt, um Frieden zu schaffen. Daher bestehe auch kein Widerspruch zwischen Vernunft und Frieden, denn Gott sei die Quelle des Friedens, und nur Gott k�nne die Herzen der Menschen ber�hren.

Ist der Dialog nach dem Terror �berhaupt zeitgem��?
Zuvor hatte der Vorsitzende der Gemeinschaft Sant'Egidio, Andrea Riccardi, die Frage aufgeworfen, ob eine optimistische Vision der Beziehungen zwischen Kulturen und V�lkern heute noch zeitgem�� sei. �Ist nicht die Zeit des Dialogs vor�ber? Wozu dient der Dialog zwischen Kulturen, V�lkern, Religionen?� Nach dem Fall der Berliner Mauer schienen das Ende des Kommunismus im Osten, Demokratisierungsprozesse in Afrika sowie Abkommen zwischen Israelis und Pal�stinensern ein Zeitalter des Friedens anzudeuten.

Dieser Optimismus sei jedoch �St�ck f�r St�ck zunichte gemacht worden� � durch die Kriege in Jugoslawien, durch die Krise im Gebiet der Gro�en Seen in Afrika, durch die unglaubliche Gewalt in Nahost, durch die Probleme einiger lateinamerikanischer Staaten. �Der 11. September schien schlie�lich das Ende des Klimas der Hoffnung zu besiegeln�, so Riccardi.

Sich selbst kritisch unter die Lupe nehmen
F�r den Sant'Egidio-Vorsitzenden drohen eine �Abschottungsmentalit�t und eine allgemeine Angst� in der globalisierten Welt alle zu erfassen. Daher sei �der gemeinsame Weg von Gl�ubigen verschiedener Religionen hilfreich, wenn sich die Wolken des Unverst�ndnisses verdichten, wenn ein diffuser Pessimismus in der Luft liegt�. Diese Gl�ubigen k�nnten ein zukunftweisendes Bild darstellen: den eigenen Glauben vertiefen und in Frieden mit anderen leben. Das greifbare Ergebnis dieses gemeinsamen Weges sei, dass man sich durch den Dialog gegenseitig besser kennen gelernt habe.

Der Pr�sident des Verbandes der Israelitischen Kultusgemeinden Italiens, Amos Luzzatto, forderte eine intensivere Selbstkritik der Religionen. Alle Religionen verk�ndeten die N�chstenliebe und den Glauben an Gott. Das allein gen�ge aber nicht. Die religi�sen Menschen m�ssten sich auch fragen, warum die Prinzipien von Gerechtigkeit und Vers�hnung nicht in der Praxis angewandt werden. Der Dialog sei die einzige Hoffnung, erkl�rte Luzzatto. Wenn es keinen Dialog gebe, werde der Gewalt der Weg geebnet.