29/04/2003

Ulrichspreis f�r die �Uno von Trastevere�
Dillinger Stiftung geht neue Wege und zeichnet die katholische Laiengemeinschaft �Sant� Egidio� aus

Von unserem Redaktionsmitglied Berthold Veh

Dillingen/Rom/W�rzburg

Die �Uno von Trastevere�, so wird die Gemeinschaft Sant� Egidio wegen ihrer unkonventionellen Friedensbem�hungen gerne genannt. Ihre gr��te diplomatische Leistung erzielte die katholische Laienorganisation 1992 mit dem �Friedensvertrag von Rom�, der einen 15-j�hrigen B�rgerkrieg in Mosambik beendete. Jetzt erh�lt �Sant� Egidio� den Europ�ischen St.-Ulrichs-Preis, den die Dillinger Stiftung im September zum sechsten Mal vergeben wird.

Mit der Auszeichnung der Gemeinschaft, die 1968 von Andrea Riccardi in Rom gegr�ndet wurde, geht die Ulrichsstiftung neue Wege. Denn in den vergangenen Jahren standen mit Helmut Kohl (1997), Roman Herzog (1999) oder der inzwischen verstorbenen �Grande Dame� des Journalismus, Marion Gr�fin D�nhoff (2001), hochrangige Pers�nlichkeiten bei der Preisverleihung im Vordergrund. Nun wird mit �Sant� Egidio� eine Gemeinschaft ausgezeichnet, die sich ein Leben aus dem Evangelium und die Freundschaft mit den Armen zur Aufgabe gemacht hat. Mehr als 40000 Mitglieder in �ber 60 Staaten haben sich inzwischen dieser Idee verschrieben, in Deutschland existieren Zentren in W�rzburg und in M�nchengladbach.

Den Impuls, das Evangelium ernst zu nehmen, hatten Andrea Riccardi, der heute Geschichtsprofessor ist, und weitere Jugendliche des Virgilio-Gymnasiums vom 2. Vatikanischen Konzil erhalten, das eine Erneuerung der katholischen Kirche anstrebte. Neben dem Gebet und der Weitergabe des Evangeliums ist die Freundschaft mit den Armen das Charakteristikum von Sant� Egidio. Gleich nach der Gr�ndung ging die Gruppe in die Elendsviertel am Rande Roms und baute dort eine Nachmittagsschule f�r benachteiligte Kinder auf. Diese so genannten Friedensschulen existieren heute in vielen Teilen der Welt. Sant� Egidio k�mmert sich inzwischen um k�rperlich und geistig Behinderte, Obdachlose, Asylbewerber, Senioren und Sterbende.

�Die Einsamkeit der �lteren Menschen ist die gro�e Armut in Deutschland�, sagt der Mitbegr�nder der Gemeinschaft in W�rzburg, Pfarrer Matthias Leineweber. Deshalb z�hlt die Betreuung von Senioren auch zur zentralen Aufgabe von Sant� Egidio in Unterfranken. Rund 500 Mitglieder k�mmern sich in W�rzburg neben Beruf und Familie auch um Obdachlose, Aussiedler und Asylbewerber. Kraft sch�pfen die Helfer im t�glichen Abendgebet in der Franziskanerkirche. In Rom findet es in der kleinen Kirche Sant� Egidio im Stadtviertel Trastevere statt, nach der die Gemeinschaft benannt ist. Einen herausragenden Namen hat sich Sant� Egidio vor allem durch die Vermittlungsbem�hungen in B�rgerkriegsgebieten erworben. In Mosambik konnte durch die Gemeinschaft ein Krieg beendet werden, der 150000 Tote gefordert hatte.

Sant� Egidio verdiene den Friedensnobelpreis, meinte der italienische Staatspr�sident Ciampi. Bischof Viktor Josef Dammertz f�hlt sich seit Jahren der �Gemeinschaft ohne Grenzen und Mauern� verbunden, die vom 7. bis 9. September das internationale und interreligi�se Friedenstreffen in Aachen ausrichtet. Stiftungsvorsitzender Anton Dietrich spricht von einer guten Wahl: �Sant� Egidio gibt ein glaubw�rdiges Zeugnis christlicher Weltgestaltung im Geiste des heiligen Ulrich.�