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NOV |
24/06/2003 |
Helden Europas |
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Andrea Riccardi (53) ist eine elegante Erscheinung und ein R�mer durch und durch. �Um neun Uhr morgens Bibelarbeit? Da kommt doch keiner!� Doch, sie kamen, stellte er �berrascht fest trotz der f�r den Italiener fr�hen Stunde auf dem �kumenischen Kirchentag. Mit einem L�cheln erz�hlt er diese Episode vor Journalisten und genie�t es offensichtlich, mitten in Berlin am Lietzensee eine mediterrane Aura zu verbreiten. Mit ebensolcher Freude pflegt der Professor f�r Zeitgeschichte an der staatlichen Universit�t in Rom das �Understatement�: �Europa befindet sich in einer Krise des Heldentums�, erkl�rt Riccardi. Hintergrund: Gerade erst hat die amerikanische Wochenzeitschrift �Time� ihn selbst, den Gr�nder der Gemeinschaft Sant�Egidio, in ihrer Ausgabe f�r Europa auf die Liste der modernen Helden gesetzt. Ehrungen sind nicht ungew�hnlich f�r Riccardi, der schon mehrfach mit seiner Gemeinschaft f�r den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wurde. Sant�Egidio, die 1968 im r�mischen Stadtviertel Trastevere entstandene Gemeinschaft, setzt sich ein f�r Obachlose, alte und behinderte Menschen. Die Freundschaft mit den Armen ist pr�gendes Element der heute in 60 L�ndern verbreiteten Gemeinschaft. Kraft finden die Mitglieder im gemeinsamen Gebet. �Das Evangelium w�chst in einem�, sagt Riccardi. Er habe das Gef�hl, �die gleichen Worte sagen einem immer mehr.� Mut und Tatkraft verbinden sich in der Gemeinschaft mit tiefer Spiritualit�t. International bekannt wurde Riccardi durch seine Vermittlung bei Verhandlungen, die 1992 nach 16 Jahren B�rgerkrieg zum Frieden in Mosambik f�hrten. Ausgehend von der Erkenntnis, dass der Krieg eine der gr��ten Ursachen von Armut ist, setzt sich der r�mische Professor sp�testens seit 1986 - dem Weltfriedensgebet in Assisi - f�r die �kumene und das Gespr�ch der Religionen ein. Doch Riccardi will mehr als �nebeneinander beten�, wie er sagt: �Den Dialog leben - gerade jetzt trotz Krieg und Terrorismus.� So reist er durch arabische und islamische L�nder und seine j�ngsten Erkenntnisse lassen Raum f�r Hoffnung: Das Engagement des Papstes gegen den Irak-Krieg sei nicht ohne Wirkung geblieben. �Mein Eindruck ist, dass die muslimische Welt verstanden hat: Der Westen und das Christentum sind in diesen Fragen nicht einfach identisch.� Das sei vor allem auch eine Niederlage f�r Osama Bin Laden, setzt er hinzu. Der Dialog soll weiter gehen: Vom 7. bis 9. September plant die Gemeinschaft Sant�Egidio ein weiteres internationales Friedenstreffen mit mehr als 350 Vertretern der Weltreligionen in Aachen. �Europa muss Herz und Zentrum des Dialogs sein�, sagt Riccardi.
Gerrit Schulte
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