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WDR 3 |
09/09/2003 |
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Ein Treffen von Religionsf�hrern ist nicht die L�sung der Probleme dieser Welt. Aber eines ist in Aachen deutlich geworden � wieder mal deutlich geworden: Die Religionen m�ssen Teil der L�sung von Konflikten dieser Welt sein, sonst werden sie immer mehr Teil des Problems, wenn sie es nicht l�ngst sind. Friede ist einer der Namen Gottes. Dies ist eine Formel, auf die sich Muslime und Juden, Christen, Buddhisten und andere Religi�se in Aachen einigen konnten. Aber dennoch blieben auch die Positionen zu den gro�en Konfliktherden der Erde recht unvers�hnlich nebeneinander bestehen. Hoch her ging es da etwa beim Forum �ber die Zukunft Israels, aber immerhin wurde deutlich, dass der j�dische Rabbi David Rosen und der pal�stinensische Christ Elias Chacour das Gespr�ch miteinander suchten und wohl fortf�hren werden. Sicher ist der Austausch schon 1.000 Mal geh�rter Positionen kein entscheidender Fortschritt, wenn auch einzelne Ideen faszinierten. Ideen wie die, ein Gipfeltreffen zwischen den abrahamitischen Religionen m�sse ein berufen werden, nur ein Konkordat zwischen Judentum, Christentum und Islam k�nne in Jerusalem noch Frieden bringen. Das Ziel des Aachener Treffens war nicht, neue Papiere in die Welt zu werfen, neue Forderungen zu erheben, wieder jemanden zu verurteilen. Das Konzept der geistlichen Gemeinschaft Sant Egidio ist ganz einfach: Wir bringen Menschen aus aller Welt an einen Tisch, helfen ihnen, sich kennen zu lernen in der Hoffnung, dass sie beim n�chsten Konflikt wissen, an wen sie sich wenden k�nnen. Viele Kontakte drehten sich um den Irak, Stimmen von dortigen Kirchenvertretern waren wie Hilferufe an die Religionen zu vermitteln, zu helfen, Einfluss zu nehmen. Ein Schwergewicht der diplomatischen Bem�hungen in Aachen galt den Beziehungen zwischen der katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche, die seit fast zwei Jahren erheblich kriseln. Das Moskauer Patriarchat wirft dem Vatikan und von Polen ausgesandten Priestern vor, Russen vom hergebrachten orthodoxen Glauben zum Katholizismus bekehren zu wollen. Die Erhebung bisheriger Provinzen zu Bist�mern wurde als feindlicher Akt gedeutet. Nach Monaten des Schweigens oder nur langsamer Wiederann�herung war es also ein zentrales Treffen in Aachen, bei dem der �kumene-Chef aus dem Vatikan, Kardinal Walter Kasper, auf den orthodoxen Au�enminister Metropolit Kyrill traf. Kaspar nahm als Ergebnis nach eigenen Angaben mit, dass Kyrill wieder die Gespr�chsbereitschaft seiner Kirche betont habe. Jetzt d�rfe also keine Zeit mehr verloren werden. Entscheidend war den Organisatoren die zeichenhafte �berwindung der Gegens�tze. Zwar sind auch beim katholischen Er�ffnungsgottesdienst im Aachener Dom weder Orthodoxe noch Protestanten zur Kommunion geladen worden. Auch gebetet wird in diesen Minuten nicht zusammen: Muslime sind in der Moschee, Juden in der Synagoge, Christen im Dom, Angeh�rige anderer Religionen in speziell eingerichteten Gebetsr�umen zusammengekommen. Erst in einem Friedens-Sternmarsch werden heute Abend die einzelnen Gruppen auf dem Aachener Katschhof zusammentreffen, dort eine gemeinsame Erkl�rung unterzeichnen. Den Abschluss bildet der traditionelle Friedensgru� zwischen den Vertretern der Religionen, ein umfangreiches gegenseitiges Umarmen. Auch eine Grundidee der Gemeinschaft Sant Egidio: Aus dem Bestehen auf das je Eigene ohne Abstriche zu machen, aus der Tiefe des eigenen Glaubens erw�chst die Kraft, auf die anderen, auf das Fremde zuzugehen.
Theodor Dierkes
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