AACHEN, 9. September. Im "L�ttich-Saal" herrschte eine aufgeheizte Stimmung. Die Luft war stickig. Die Menschen dr�ngelten sich vor den beiden T�ren und hofften auf wenigstens ein paar Zentimeter Platz im Inneren. Andere hatten sich damit abgefunden, drau�en zu bleiben. Sie standen herum, blickten angestrengt ins Leere und lauschten per Kopfh�rer den �bersetzern, die aus ihren engen Holzkabinen im Flur berichteten. "Irak zwischen Krieg und Frieden" stand in italienischer Sprache auf einem Schild. An jenem Dienstag war dies das begehrteste Forum im Veranstaltungszentrum "Eurogress" in Aachen.
Am letzten Tag des Weltfriedenstreffens, das die Laienvereinigung Sant'Egidio mit Hilfe des Bistums Aachen ausgerichtet hat, war stellenweise zu sp�ren, wie weit der Frieden doch entfernt ist. So setzte der eigens angereiste irakische Schiitenf�hrer Sayed Aiad Jamal Aldin zu einem bitteren Monolog an: Das schiitische Volk werde nicht akzeptieren, dass die USA �ber die Iraks Regierung bestimmen, dann werde man k�mpfen m�ssen.
Gef�hlswechsel: In einem anderen Forum sagte Kardinal Walter Kasper, Gesandter des Vatikans, beinahe zeitgleich, das j�dische Wort "Shalom" habe eine "gr��ere Bedeutung" als Frieden oder Peace. Shalom beschreibe einen "Zustand des umfassenden Gl�cks".
Das Weltfriedenstreffen mit all den Christen, Juden, Muslimen, Buddhisten und Hindus musste vielleicht wie selten zuvor Konflikte, Extreme und neue Kriegserfahrungen aushalten. Da blieben Gef�hlsausbr�che nicht aus. "Es ist gut, wenn die Emotionen mitsprechen", sagte der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff. F�r ihn war bei diesem Treffen der "Geist von Assisi" sichtbar geworden, n�mlich die Begegnung zwischen den Menschen. Andrea Riccardi, Gr�nder der Gemeinschaft Sant'Egidio, hob den Gedanken der �kumene hervor. Man m�sse dazu keine "Vereinten Nationen der Religion" bilden. "Die Unterschiede m�ssen nicht in einer gro�en Weihrauchwolke versteckt werden", sagte Riccardi.
Offene Worte, das war es auch, was die Besucher immer wieder lobend hervorhoben. Jan Vriend, niederl�ndischer Priester, hat bereits elf Weltfriedenstreffen besucht und zeigte sich begeistert, dass es - anders als gemeinhin in der Politik - eine "offene Sicht der Dinge" gebe. Solche Treffen seien die einzige M�glichkeit, "wirklichen Frieden" voranzubringen. Ein Besucher aus Burundi sagte, bei dieser Zusammenkunft werde die Wahrheit gesprochen. "Politiker sind immer so", sagte er und schl�ngelte seine linke Hand. Wer �ber Frieden rede, m�sse auch �ber Krieg reden, gerade in Afrika.
Ohnehin war Afrika ein wichtiges Thema w�hrend der drei Tage. Bischof Mussinghoff registrierte dies erleichtert. Sonst sei ja im Zusammenhang mit Afrika oft vom "vergessenen Kontinent" die Rede.
Die Besch�ftigung mit dem Islam und dem militanten Islamismus geh�rte ebenso zu den wichtigsten Themen in den 30 Foren. Nach Ansicht von Bischof Mussinghoff habe der Papst durch seine Kritik am Irak-Krieg dazu beigetragen, dass Muslime die christliche Welt differenzierter betrachteten. Andrea Riccardi sagte, er habe den Eindruck, dass in Aachen Spannungen abgebaut worden seien. �berraschend machte er zum Abschluss eine gro�e Vers�hnungsgeste: Eines der n�chsten Weltfriedenstreffen sollte in einem islamischem Staat stattfinden. Dazu m�sse nur eine konkrete Einladung vorliegen.
Kristian Frigelj
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