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Kirchen Zeitung-Aachen |
21/09/2003 |
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Die Foren mit ihren Beitr�gen zum Frieden und Zusammenleben derMenschen sind beendet. Eine gr��ere Pause entsteht f�r die rund 4000 Besucher am Nachmittag. Gegen 17.30 Uhr beginnen an verschiedenen Orten in der Aachener Innenstadt die Gebete der verschiedenen Religionsgemeinschaften: der Christen, Muslime, Juden, Buddhisten, Hindus, Shintoisten, auch einiger wenig bekannter Gruppen wie der Zoroastrianer oder Oomoten. In einer kurzen Ansprache erinnert Rabbiner Polnauer an den 34. Psalm, der beim Friedenstreffen immer wieder zitiert wurde: "Tue das Gute, meide das B�se, suche den Frieden und jage ihm nach." "Wann, wenn nicht heute, soll der Ewige uns erh�ren", fragt Polnauer mit Verweis auf die gleichzeitigen Gebete der anderen Religionen. Dann bittet er Gro�rabbiner Rene Samuel Sirat aus Frankreich um eine kurze Ansprache. Sirat greift den Psalm 34 auf und erinnert an die Friedensvision des Propheten Micha, in der dieser vom Frieden der V�lker spricht, wenn sie am Ende der Geschichte ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Lanzen zu Winzermessern umschmieden werden. "Der Frieden kommt nicht nur durch Gebet und Schalom Rufe", mahnt Sirat", sondern erst, wenn die Menschen den Mut haben, ihre Waffen zu zerbrechen." Die Aachener Synagoge ist mit rund 150 M�nnern und Frauen fast vollst�ndig gef�llt, als sich die j�dischen Teilnehmer des Treffens am Dienstag nachmittag dort zum Friedensgebet versammeln. Jochen Haritz vom Vorstand der Gemeinde begr��t jeden Besucher pers�nlich, w�hrend Rabbiner David Polnauer noch nach weiteren Gebetb�chern sucht. "Wir sprechen das Mincha, das Nachmittagsgebet der Juden", erl�utert Polnauer, das auch den 145. Psalm enth�lt. Es folgt das "Schemone Esre", das traditionelle Achtzehn-Bitten-Gebet.
Auf die Wirkung des Gebets vertrauen allerdings sehr die asiatischen Religionen. �Das Allerwichtigste ist es, f�r den Frieden zu beten", sagt der shintoistische Priester Yoshihiro Miyazawa. Er h�lt zusammen mit anderen shintoistischen M�nchen aus Japan im Innenhof des Kaiser Karl Gymnasiums eine Zeremonie ab. Eine leise Melodie spielt im Hintergrund, als die wei� gekleideten Geistlichen mit ihren schwarzen hochragenden Hauben vor einem der B�ume einen Altar bereiten: Gem�se, Fische, Obst, Salz und Bl�tter sind darauf bereitet. Die Shinto M�nche bitten nun die acht Millionen G�tter ihrer Religion, sich an dem Baum niederzulassen. Der Priester Yoshihiro Miyazawa bittet darum, dass die G�tter miteinander f�r den Frieden wirken m�gen. Der Priester ist zum 14. Mal beim Weltfriedenstreffen von Sant' Egidio dabei, er sp�rt in diesen Treffen eine w�rdevolle Geschichte. �Es ist so wichtig, die anderen Religionen kennen zu lernen und die Wichtigkeit des Weltfriedens zu erkennen", meint er nachdenklich. Intensiv beten auch die Buddhisten in der Katholischen Hochschulgemeinde um Frieden. Es riecht nach Weihrauch, ab und zu erklingt einGong. In energischem Sprechgesang singen Gl�ubige und M�nche S�ben wie "Ho scho yo ko to, ho scho yo ko to". Sehr and�chtig und w�rdig, die Japanerinnen in ihren Kimonos, vor ihnen sitzen japanische M�nche im Quadrat um die Mitte des Raums. Ein Priester steht im bunt gestickten Gewand vor dem Altar. Er l�utet mit der Glocke; die Gemeinde schweigt, er spricht die Botschaft, dass Friede kommen soll und wird. Wieder erklingt kurz der Gong. Die Gl�ubigen beten weiterbald darauf ist die Gebetszeit vorbei. Derweil muss der Aachener Dom f�r weitere Besucher gesperrt werden. Die Vielfalt der christlichen Glaubensgemeinschaft wird durch die rund 50 Bisch�fe, Kardin�le, �bte, Pfarrer und Prediger veranschaulicht, die im Halbkreis auf zwei Stuhlreihen im Oktogon sitzen. Auf dem Barbarossaleuchter sind alle Kerzen angez�ndet, wie zu besonders feierlichen Anl�ssen. F�r ihre F�rbitten um Frieden f�r Opfer von Terror, Krieg, Vergewaltigung, Unterdr�ckung in den verschiedensten Regionen der Erde treten die einzelnen Geistlichen spontan in die Mitte. Auf Deutsch, Englisch, Russisch, Italienisch, Polnisch, Arabisch und einigen anderen Sprachen bitten sie Gott um Frieden und ermahnen zum eigenen Einsatz. In seiner kurzen Auslegung zum 13. Kapitel des R�merbriefes erinnert der methodistische Bischof Sunday C. Mbang an das zentrale Gebot der N�chstenliebe, das alle christlichen Kirchen immer wieder verfehlten."Und der N�chste � so Mbang, "ist nicht nur mein Nachbar aus der eigenen Gemeinde, das ist auch der Jude, der Muslim, der Hindu oder der Nichtgl�ubige. Das sind die Menschen auf anderen Kontinenten, in anderen uns mitunter unverst�ndlichen Kulturen."
Von ihren verschiedenen Gebetsorten ziehen nun die Geistlichen und Gl�ubigen zum Katschhof Dort stehen die Menschen dicht an dicht und machen doch einen Gang frei f�r die lange Reihe von Bisch�fen,W�rdentr�gern und Geistlichen, die auf der Trib�ne Platz nehmen. "Nun gilt: Z�nde eine Kerze an, sprich ein Gebet!" Bischof Heinrich Mussinghoff weist in seiner Ansprache darauf hin, dass der Weg jetzt weitergeht, indem jeder sich zu einem Werkzeug des Friedens machen l�sst. Er erh�lt �berw�ltigenden Beifall, als er sagt: "Kriege brechen nicht aus, sie werden gemacht." Sehr beeindruckend ist die Geschichte einer jungen Afrikanerin, Beatrice Kun Adon. Sie stammt aus Liberia, lebt jetzt aber in der Elfbeink�ste. "Ich hatte das Gl�ck, gleich nach der Ankunft Aufnahme bei der Gemeinschaft Sant' Egidio zu finden. Sie wurde f�r mich zu einer neuen Familie. Ich dachte an die vielen Kinder in meiner Heimat, die dazu gezwungen wurden, Waffen zu tragen, selbst mit acht oder zehn Jahren." Andrea Riccardi, Gr�nder von Sant'Egidio, betonte, der Traum von Einheit und Frieden unter den V�lkern und Religionen sei in diesen Tagen gest�rkt worden. Der Friedensappell, der an alle V�lker ergeht, wird nun verlesen. Als die Menge der Gl�ubigen danach der Opfer von Gewalt gedenkt, der Opfer von Krieg, Terror, Vertreibung, Hunger, Aids, Vergewaltigung, der Kindersoldaten und Zwangsprostituierten herrscht f�r eine knappe Minute absolute Stille hier im Herzen der Stadt. Das Quengeln zweier Kleinkinder ist tats�chlich der einzige Laut, der zu vernehmen ist. Die Menschen sind ergriffen, vereinzelt schwimmern Tr�nen in den Augenwinkeln. Symboltr�chtige Szenen folgen: Die prominentesten Religionsvertreter �bergeben an etwa 40 Jugendliche aus verschiedenen L�ndern je ein Exemplar des Appells. Die junge Generation wiederum reicht die schriftliche Bitte um Frieden weiter an die Diplomaten und Politiker, die in der ersten Zuschauerreihe sitzen. Nun entz�nden die W�rdentr�ger der verschiedenen Religionen jeweils eine Kerze auf den zwei gro�en Leuchtern auf der Trib�ne und unterschreiben danach den Friedensappell. Barockmusik spielt im Hintergrund, mit ermunterndem Beifall begleiten die Gl�ubigen das Geschehen. Drei Iraker, der chald�ische Erzbischof, der schiitische Politiker und der sunnitische Theologe entz�nden gemeinsam ihre Kerzen, setzen ihre Unterschrift unter den Appell und fassen sie sich bei den H�nden. Schwester Emanuel Cinquin, die Mutter der M�llmenschen von Kairo, wird mit rhythmischem Klatschen zur Unterschrift begleitet. Welches Talent f�r eine moderne Liturgie die Katholiken von Sant' Egidio haben, wird vollends deutlich nach der letzten Unterschrift und als die letzte Kerze auf den beiden Leuchtern enz�ndet ist. Der eher zwar fr�hlichen, aber doch getragenen Barockmusik aus den Lautsprechern folgt fortissimo das Halleluja aus H�ndels "Messias", begleitet durch das L�uten der Domglocken. Das Friedenstreffen ist nun vor�ber. Doch die "Pflanze des Dialogs, die Friedensfr�chte hervorbringt", wie Riccardi sich ausdr�ckte, ist schon lange gepflanzt und wird weiterwachsen.
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