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30/06/2007 |
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Der Platz des heiligen �gidius ist ein von Touristen durchschlurftes hei�es St�ck Pflaster, mit Gem�seh�ndler, Caff�-Bar und wenig Schatten. Die meisten Amerikaner lieben es hier, im r�mischen Stadtteil Trastevere: enge Gas-sen, versteckte Dachterrassen und wirr gewucherte Stra�enf�hrung. F�r die Leute vom Secret Service des Wei�en Hauses war es der perfekte Alptraum. �Sie riefen uns an und sagten ab�, sagt Marco Impagliazzo. �Es g�be keine aus-reichenden Fluchtwege f�r den Pr�sidentenkonvoi.� Marco Impagliazzo sitzt unter einem Bananenbaum im Innenhof von Nummer 3/a, Piazza Sant'Egidio, und ist auch Pr�sident. Allerdings nur von der Comunit� di Sant'Egidio, einer ebenso frommen wie mit allen Wassern der Diplomatie gewaschenen Laiengemeinschaft, untergebracht in den Mauern eines wegen Personalmangels aufgegebenen KarmeliterinnenIklosters. �Wir trafen uns dann in der US-Botschaft. Bush wollte uns bei seinem letzten Italien-Besuch unbedingt sehen.� Sagt der Pr�sident. Kurz zuvor hatte es geklingelt, und ein ausgesucht parf�mierter Herr stand mit seinem Reisekoffer in der T�r. Er geh�rt zu den 14 afrikanischen Justizministern, die gerade in dem Kloster zu Gast sind. In den Zeitungen wird die �gidius-Gemeinschaft regelm��ig die �Uno von Trastevere� genannt. Aber liest George W. Bush Zeitungen? Sant'Egidio entstand in Roms Elendsvierteln. 1968 gr�ndete der damals 18-j�hrige Bankierssohn Andrea Riccardi die Gemeinschaft und widmete sie und sich dem Gebet und dem Dienst an den Armen. Inzwischen sind die �gidius-Leute in �ber 70 L�ndern anzutreffen, die H�lfte davon afrikanische Staaten. �Eines Tages merkten wir, dass in Mosambik unsere Hilfen nicht mehr bei den Armen ankamen. Der B�rgerkrieg machte alles zunichte�, sagt Impagliazzo. �Also musste erst der Krieg beendet werden.� Der w�tete damals, scheinbar unl�sbar, schon seit �ber 14 Jahren. Riccardi und sei-ne Jungs luden die verfeindeten Gruppen nach Trastevere ein. Sie bauten einen zweiten Eingang und stellten Wachen auf, damit die Feinde sich nicht unverhofft begegneten. 27 Monate wurde verhandelt. Immer nach den drei Prinzipien der Barfu�-diplomatie: Trennendes ausblenden, gemeinsame Interessen suchen, nie �ber die Vergangenheit reden. Vielleicht lag es dar-an, vielleicht am Beten, vielleicht an den umliegenden Trattorien, auf jeden Fall funktionierte es. Seit dem Friedensschluss f�r Mosambik 1992 hat die Comunit� in der internationalen Diplomatie den Ruf des Wunderheilers. Sie kn�pfte Netze, h�rte zu, vermittelte und formulierte bei den Konflikten in Algerien, Guatemala, Burundi, im Kongo und im Kosovo: �Wir reden mit allen. Bei manchen muss man sich danach eben �fter die H�nde waschen als bei anderen.� Sagt ihr Pr�sident. Sant'Egidio ist dabei nicht progressiv, ist keine mit Rosenkr�nzen getarnte Sozialarbeiterbewegung. Die Gemeinschaft ist papsttreu, fromm und spirituell bis auf die Knochen. Der Vatikan hat ihr die �lteste Marienkirche Roms zur Betreuung zugesprochen, die Santa Maria in Trastevere. Und dennoch soll Sant'Egidio jetzt auch bei einem Konflikt zwischen Muslimen vermitteln: �Der EU-Beauftragte hat uns gebeten, in Darfur die Rebellengruppen zusammenzubringen�, sagt Impagliazzo. Sant'Egidio, die Clearingstelle f�r verfahrende Lagen. Wollte George W. Bush deswegen unbedingt kommen? �Nein. Ich erz�hlte ihm von unserem Aids-Projekt in Afrika. Er wollte wissen, weshalb es bei uns besser klappt als bei ihm.� Die Gemeinschaft betreibt ihr Projekt �dream�, um etwa die �bertragung des HI-Virus von M�ttern auf ihre Kinder zu verhindern. Die Erfolgsquoten sind hoch, vergleichbar nur denen der allm�chtigen �Bill & Melinda Gates Foundation�. Vor kurzem wiederholte die Regierung Romano Prodi den Vorschlag, ein universelles Moratorium f�r die Todesstrafe in die Uno-Generalversammlung einzubringen. �Eine gute PR-Aktion�, sagt Impagliazzo. �Aber unsere Regierung k�mmert sich nicht um eine Mehrheit in der Vollversammlung.� Also sitzen jetzt 14 Justizminister aus Ruanda, Burundi, dem Kongo und der Elfenbeink�ste in einem ehemaligen Kloster in Trastevere und lassen sich von Experten erkl�ren, dass die Todesstrafe kein Verbrechen verhindert und nur die Unf�higkeit eines Staats ausdr�ckt, seine B�rger zu erziehen. Es ist bereits das zweite Treffen. Es fehlen nur noch wenige Stimmen f�r die Abstimmung im Oktober, bei der anderen Uno in New York. Dann k�nnte es eine Mehrheit f�r ein Moratorium geben. Dank der afrikanischen Staaten. Dank der frommen Laiendiplomaten von der Piazza di Sant'Egidio. Nachdem der Secret Service den Abstecher des US-Pr�sidenten nach Trastevere abgesagt hatte, ging �brigens trotzdem alles schief. Der gepanzerte Cadillac des Pr�sidenten blieb in der N�he des Trevi-Brunnens mit einer Panne liegen. Es stand zwar sofort eine Ersatzlimousine bereit, aber dennoch mussten George W. und Laura Bush die letzten Meter zu Fu� gehen. Der lange Wagen passte nicht durchs Eingangsportal der US-Botschaft. Manchmal ist alles eine Frage des richtigen Ma�es.
Alexander Smoltczyk
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