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5 Juli 2012 | ROM, ITALIEN

"Frieden ist möglich - meine Erfahrungen bei der Friedensarbeit in Nordnigeria"

Rede von Ignatius A. Kaigama, dem katholischen Bischof von Jos und Vorsitzenden der nigerianischen Bischofskonferenz bei der Preisverleihung der Goldenen Friedenstaube

 
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Mit großer Aufmerksamkeit schauen wir auf die Lage der Christen in Nigeria, die in den vergangenen Monaten wiederholt Opfer extremistischer Gewalt geworden sind.

Die folgende Rede hielt Bischof Ignatius Kaigama von Jos, das im Zentrum der Gewalt stand, bei der Verleihung der Goldenen Friedenstaube am 4. Juli in Rom

"Einen herzlichen Gruß aus Nigeria und vielen Dank an das Gremium und die Organisatoren des Preises Archivs für Gewaltfreiheit der Goldenen Friedenstaube. Die Nachricht von der Preisverleihung war für mich eine große Überraschung, da ich mir bewusst bin, im Vergleich zu den hochrangigen Persönlichkeiten, die in der Vergangenheit den Preis verliehen bekamen, ein Neuling zu sein. Trotzdem nehme ich ihn in Demut an und danke für die mir erwiesene Ehre.

Nigeria ist mit einer Bevölkerung von 150 Millionen Einwohnern und einer Fläche von 923.000 m² von einem Volk gesegnet, das eine unbeschreibliche Widerstandskraft besitzt und trotz vieler Ungleichheiten glücklich ist.

Die neuesten Nachrichten beziehen sich insbesondere auf die islamistischen Fundamentalisten im Norden (Boko Haram) und ihren Kampf, durch den sie die nigerianische Verfassung durch die islamische Scharia ersetzen wollen. Die Mitglieder dieser Gruppe töten viele Menschen, bombardieren Regierungseinrichtungen, Ordnungskräfte, Kommunikationsmittel, Schulen, Kirchen und sogar ein Gebäude der Vereinten Nationen in Abuja. Sie meinen, dadurch Gott einen Dienst zu erweisen. Doch ihr Tun steht im Widerspruch zu religiösen Grundsätzen.

In vertikaler Richtung verbindet die Religion den Menschen mit dem höchsten Wesen im Rahmen des Gebets und in horizontaler Richtung verbindet sie den Menschen mit seinem Nächsten in einer Beziehung der Liebe und im Aufbau des Gemeinwohls. Wie jede wertvolle Sache kann die Religion auch verantwortungslos oder irrational eingesetzt werden, um Spannungen oder Zerstörungen herbeizuführen und Böses zu tun. Auch die Erziehung kann Böses bewirken, wenn Menschen sie falsch einsetzen. Vor vielen Jahren wurden meine Landsleute aus dem Dorf Kona im Staat Karaba Opfer sozialer Ausgrenzung, doch dann kamen katholische Missionare und Priester aus Irland und schenkten ihnen eine Würde durch die Erziehung. Das vollbringt eine authentische Religion, indem sie nicht nur das spirituelle Leben vertieft, sondern auch sozialen Wandel bewirkt.

Es ist ein falscher Eindruck, dass Muslime und Christen in Nigeria Krieg gegeneinander führen. In Wahrheit leben Muslime und Christen ziemlich gut zusammen. Doch es gibt einige asoziale Elemente, die die Religion benutzen, um Unfrieden zu verbreiten. Sie lenken die Aufmerksamkeit von den eigentlichen Sorgen der Nation ab, wie sozialer Ungerechtigkeit, Armut, Jugendarbeitslosigkeit, ethnischen Konflikten, Kampf um den Ackerboden, Konflikte zwischen Bauern und Hirten, schlechte Regierungsführung, Korruption und anderes. Einige angesehene Religionsführer der Muslime und Christen wie auch die meisten jungen Menschen treten mutig für die Verbreitung positiver Werte der beiden wichtigsten Religionen Nigerias zum Aufbau von Frieden, Gerechtigkeit und Entwicklung ein, statt Gewalt mit religiösen Argumenten zu verbreiten. Jetzt verurteilen sie sehr viel deutlicher Gewalt, die auch von Angehörigen der eigenen Religion ausgeübt wird. So entstehen interreligiöse Gruppen. Die älteren Politiker sprechen immer häufiger und lauter über den Zusammenhang von Gewalt und Unterentwicklung. Die traditionellen Führer treten mit Eifer dafür ein, die Prinzipien des Friedens in der Bevölkerung zu verbreiten, und sagen, dass sich unser Krieg gegen die Kriminalität, die Krankheiten, die Korruption, den Analphabetismus und die Laster wenden müsse und nicht gegen den Nächsten. Die Nichtregierungsorganisationen im Einsatz für den Frieden nehmen in Nigeria zu. Der Weg zum Frieden ist noch lang, schwierig und hart, doch ich behaupte, dass Frieden möglich ist.

Die Bundesregierung hat wichtige Investitionen zur Verbesserung der Sicherheit getätigt und Soldaten, Polizei und andere Sicherheitskräfte in die Unruhegebiete im Norden gesandt. Doch diese Maßnahmen müssen durch Einsatz für Demokratie, gute soziale Infrastruktur, soziales Wohlergehen und Sicherheit ergänzt werden. Die Regierenden müssen insbesondere das Gemeinwohl der Nigerianer und Nigerias fördern anstelle von egoistischen Interessen. Sie dürfen nicht nur die Religion anschauen, um die mehrdimensionalen Ursachen der Unzufriedenheit zu identifizieren, das Sicherheitssystem und den Informationsfluss zu überarbeiten, Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken und die Sicherheitskräfte besser auszubilden. Die Muslime müssen die Grundlagen des Islam umsetzen, wie auch die Christen die Tugenden des Christentums leben müssen. Die traditionellen Gebete und ihren heiligen Werte müssen für ein stabiles, fortschrittliches und friedliches Nigeria eingesetzt werden.

In meinem neuesten Buch "Frieden statt Krieg, ein Jahrzehnt von Maßnahmen in der Krise des Staates Plateau" beschreibe ich meine demütigen Bemühungen und den Einsatz anderer, um ein friedliches Zusammenleben zu fördern. Ich habe mit Gruppen und islamischen Oberhäuptern (vor allem mit Alhaji Haruna Abdullahi, dem früheren Emir von Wase, den ich als Bruder und Freund ansah) zusammengearbeitet. Ich habe ein professionelles und interkonfessionelles Bildungshaus für junge Muslime und Christen ins Leben gerufen (das sich noch im Aufbau befindet), um ihnen professionelle Fähigkeiten und Prinzipien des Dialogs und der gegenseitigen Achtung zu vermitteln, damit sie Bauherren des Friedens in ihren Gemeinschaften werden können. Wir haben auch den Aufbau eines Zentrums für Dialog, Versöhnung und Frieden begonnen. Wir brauchen für diese und andere Friedensinitiativen Unterstützung. Als Vorsitzender der nigerianischen Bischofskonferenz und erster Vizepräsident der regionalen Bischofskonferenzen von Westafrika hoffe ich, mehr für den Aufbau des Friedens und die Lösung von Konflikten arbeiten zu können. Dieser Preis ist für mich ein zusätzlicher Ansporn. Wenn wir alle das Licht der sozialen Hoffnung entzünden, können wir sicher die Finsternis der Gewalt vertreiben.

Die Welt muss die globale Unsicherheit und die kollektive Armut überwinden. Am Eingang des Gebäudes der Vereinten Nationen in New York steht geschrieben: "Die Kinder Adams sind Teil eines Leibes, sie wurden aus demselben Sein geschaffen. Wenn ein Glied geschädigt wird und leidet, können die anderen nicht in Frieden und Ruhe leben".

Ich danke den Organisatoren, dass Sie mir und damit Nigeria die große Ehre dieser Auszeichnung erwiesen haben. Ich widme sie zum einen meinem lieben verstorbenen islamischen Freund und Emir von Wase, Alhaji Haruna Abdullahi, mit dem wir bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr viele Friedensinitiativen durchgeführt haben, und zu anderen den Menschen von Plateau und Taraba, die meine Person und meine Arbeit geprägt haben.

Wie der Hl. Franziskus von Assisi bete und hoffe ich, dass wir unseren Beitrag leisten können, um Instrumente des Friedens für eine bessere und glücklichere Welt zu sein. Vielen Dank!"


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