Richard Garrard
Anglikanischer Bischof, Gro�britannien
Zum Zeitpunkt der Wahl von Papst Johannes Paul II. war er den meisten Anglikanern unbekannt. So warteten wir ab, um die Bedeutung dieses neuen Pontifikats besser zu verstehen, voller Hoffnung und gleichzeitig voller Sorge. Im Laufe der zwanzig Jahre, die seinem Pontifikat vorausgingen, hatten wir eine Zeit enormer Fortschritte in den Beziehungen mit der Kirche Roms erlebt. Misstrauen und Abneigung der fr�heren Zeiten waren verklungen. Die zwei Konfessionen blieben miteinander im Gespr�ch �ber die Einheit durch eine Internationale Kommission. Statt einem negativen und ablehnenden Verh�ltnis hatte ein Dialog begonnen und eine zunehmende Zusammenarbeit in allen nur m�glichen Bereichen. Vor allem hatten wir begonnen, gemeinsam zu beten und jene spirituelle Einheit zu entwickeln, auf deren Grundlage allein die institutionellen und theologischen Vereinbarungen wirksam werden k�nnen. Wir waren uns bewusst, dass wir uns am Beginn einer neuen Epoche der Vers�hnung und der Geschwisterlichkeit in Christus befanden. Zudem waren wir uns der Notwendigkeit dieser neuen Suche nach Einheit bewusst, die allein den christlichen Glauben dazu bef�higt, der Welt seine Gute Nachricht anzubieten. In der Welt reifte ein heilsames Bewusstsein der Globalit�t heran, das jedoch durch schreckliche Ungerechtigkeit, durch Geiz, durch Gewalt und Krieg verletzt und verdreht wurde. Vielleicht war die Menschheit intelligenter geworden, weiser war sie jedoch nicht, und sie entfernte sich immer mehr von Gott, zumindest in der westlichen Welt. Wir warteten ab in der Hoffnung und im Gebet. Papst Johannes Paul II. erwies sich schnell als eine starke Pers�nlichkeit, als einer, der das Gute in der Welt wie in der Kirche herbeisehnt. Auf klare Weise nahm er den Wert der beachtlichen Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils wahr und griff sie konkret auf. Wir meinten gewisse Ver�nderungen in der Eindringlichkeit, im Ansatz und im Stil beobachten zu k�nnen, wozu auch eine Verschiebung von der westlichen Mentalit�t hin zu einer mehr �stlichen Sensibilit�t geh�rten. Wir beobachteten eine verschiedene Weise im Sprechen und im Handeln, die vorsichtiger und konservativer war. Dennoch ging der wertvolle Prozess des Dialogs weiter, ja er wurde tiefer und ging mehr in die Weite. Die Eroberungen des Zweiten Vatikanischen Konzils, auf die die Anglikaner viele Hoffnungen setzten und noch heute setzen, gingen nicht verloren; auch weiterhin beeinflussten und formten sie das Leben nicht nur der katholischen Kirche, sondern auch vieler anderer Konfessionen in allen Teilen der Welt. Ich glaube, dass ein weiter Weg gegangen werden muss, um die Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils umzusetzen... Der Weg ist aufgezeichnet, das Ziel ist Gott, aber die Reise bleibt ein Geheimnis, das wir im Gebet und in der Treue und zwischen vielen �berraschungen und schmerzlichen Ereignissen leben m�ssen. Aus dem Blickwinkel der anglikanischen Kirche sind wir von der Euphorie �ber die hoffnungsvollen Erkl�rungen zur Einheit �ber den Weg eines ernsthaften Dialogs hin zu einer geistlichen und intellektuellen Perspektive gelangt, die l�ngerfristig reicht. Dabei setzen wir uns daf�r ein, diesen Weg in Treue zu gehen und hierbei den Dialog entwickeln. Wir f�hren die theologischen Gespr�che weiter, die nun zum Gl�ck durch die Schaffung einer neuen Internationalen Kommission �ber Einheit und Mission bereichert wurden. Ihr Ziel ist, an allen Orten den christlichen Kongregationen zu helfen, die Fr�chte der wachsenden Einheit zu verstehen und konkret zu nutzen, um alle Menschen die Wahrheit und die Liebe Gottes kennen lernen zu lassen. Dies ist nicht m�glich ohne das Gebet... Das Gebet �ffnet uns f�r die g�ttliche Gnade, es l�dt uns ein, uns zu ver�ndern und uns immer mehr in der Tiefe zu bekehren, um die Wahrheit zu verstehen und um konsequent zu handeln. Wir lernen, alles gemeinsam zu tun, was man gemeinsam tun kann. Dies ist in einer westlichen Kultur, in der der Glaube oft durch den Reichtum erstickt wird, nicht nur w�nschenswert, sondern eine Notwendigkeit. Unsere Beziehungen haben auch angesichts harter Pr�fungen Stand gehalten, wie bei der Ordination zur Priesterin und zur Bisch�fin von Frauen seitens der Anglikanischen Einheit. Ich glaube, dass sie auch zuk�nftige Pr�fungen �berstehen wird wie die Neubewertung der Rolle Marias im Heilsplan und in der christlichen Fr�mmigkeit und die Diskussion �ber den Sinn und die Aus�bung des universalen Primates, das Papst Johannes Paul II. in der Enzyklika �Ut unum sint� vorgeschlagen hat. Die p�pstliche Enzyklika hat die Anglikanische Gemeinschaft zumindest dazu ermutigt, ein Gespr�ch �ber die eigene Neigung zur Herrschaft auf weltweiter Ebene zu f�hren. Wenn ich an die Fortschritte hinsichtlich der Einheit w�hrend meines pers�nlichen Daseins denke, dann sind sie wunderbar. Hierf�r sei Gott gedankt! Wir Anglikaner sch�tzen auch die Rolle, die der Papst im Einsatz f�r den Frieden in der Welt und f�r die Entwicklung des Dialogs zwischen den gro�en Religionen spielt. Er ist viel gereist in die ganze Welt und benutzt alle modernen Technologien, um seinen Auftrag zu erf�llen. Wir wissen, wie sehr seine Strategie der Liebe und sein unerm�dliches Interesse f�r alle Menschen einen positiven Beitrag zum Fall des Marxismus geleistet hat, dieses falschen Gottes, der Elend und unsagbare Ungerechtigkeiten hervorgerufen hat. Die Anglikanische Gemeinschaft war froh �ber die Einladung, an den zwei Interreligi�sen Gebetstagen f�r den Frieden in der Welt in Assisi teilzunehmen. F�r uns schien der Dialog zu Beginn vielleicht etwas zu sein, das sich auf die verschiedenen christlichen Konfessionen beschr�nkte, doch Johannes Paul hat eine entscheidende Rolle gespielt, allen zu dem Verst�ndnis zu verhelfen, dass der Dialog, wenn er korrekt verstanden und mit Liebe und Ernsthaftigkeit praktiziert wird, der einzige wahre Weg ist, die einzige Waffe bei der Suche nach Frieden und Vers�hnung zwischen allen V�lkern. Richtig aufeinander zu h�ren bedeutet, sich richtig zu verstehen. Sich richtig zu verstehen bedeutet, sich richtig zu lieben. Sich richtig zu lieben bedeutet, das Herz Gottes zu erkennen. Es ist eine gl�ckliche Ironie, dass der P�pstliche Rat f�r den Interreligi�sen Dialog und der P�pstliche Rat f�r die F�rderung der Einheit der Christen nicht nur ihre B�ros im selben Geb�ude haben, sondern auch einen gemeinsamen Eingang besitzen. Auch die Vers�hnung und jede Art von Beziehungen haben einen gemeinsamen Eingang, den Dialog. Man darf nichts von dem Wahren und Heiligen, das sich in anderen Religionen und in anderen christlichen Glaubensgemeinschaften findet, ablehnen. Dies ist ein wahrer Wegweiser, dem die ganze Welt folgen m�sste und den allen in die Tat umsetzen sollten. Der Papst hat in diesem Sinne viel getan. Er hat den Hauch des Heiligen Geistes aufgenommen, der die Seele des Menschen voller Kraft zu der Bereitschaft f�hrt, zuzuh�ren und sich zu ver�ndern. Johannes Paul II. hat seine Weisheit auch darin erwiesen, dass er die Bewegungen innerhalb der Kirche st�rkte. Vielleicht verf�gen die traditionellen religi�sen Orden �ber eine geringere Anziehungskraft. Doch was auch der Grund daf�r sei, die neuen Bewegungen f�hren zu neuen Denkweisen, zu neuen Formen des Gebetes und des Dienstes und formen ein Modell der Einheit in Vielfalt, das von gro�er Bedeutung ist. Es ist w�rdig, dass Menschen aus allen Traditionen und Kulturen es sich zu eigen machen. Ein hervorragendes Beispiel daf�r ist die Gemeinschaft Sant�Egidio; indem sie ihrer spezifischen Berufung treu bleibt, bereichert sie die ganze Welt. Vor uns liegt noch viel Arbeit. Es gibt viele Punkte der Uneinigkeit und des Missverstehens, die angegangen werden m�ssen. Johannes Paul II. hat trotz allem in seinem Stil und mit den pers�nlichen Z�gen seines Charakters den Prozess der Suche nach Vers�hnung und nach Einheit vorangebracht... ein Prozess, zu dem wir alle unseren Teil beitragen m�ssen, wenn wir wollen, dass die Welt den echten Frieden mit ihrem Sch�pfer findet.
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