Aachen 2003

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Dienstag, 9. September 2003 - Eurogress
Katholiken und Lutheraner nach Augsburg

  
  

Paul Werner Scheele
Katholischer Bischof em. von W�rzburg, Deutschland
  

Die Unterzeichnung der �Gemeinsamen Erkl�rung zur Rechtfertigungslehre� am 31. Oktober 1997 war ein Meilenstein auf dem Weg zur vollen Einheit in Christus. Vieles ist seither geschehen, mehr noch ist zu tun. In der Erkl�rung haben sich beide Partner verpflichtet, sich weiterhin zu bem�hen, �das gemeinsame Verst�ndnis zu vertiefen und es in der kirchlichen Lehre und im kirchlichen Leben fruchtbar werden zu lassen.� Zugleich haben sie die Probleme benannt, die weiterer Kl�rung bed�rfen: �sie betreffen unter anderem das Verh�ltnis von Wort Gottes und kirchlicher Lehre sowie die Lehre von der Kirche, von der Autorit�t in ihr, von ihrer Einheit, vom Amt und von den Sakramenten, schlie�lich von der Beziehung zwischen Rechtfertigung und Sozialethik.�

Das sichtbarste Zeugnis des gemeinsamen Bem�hens um die hier genannten Aufgaben ist die Studie �Communio Sanctorum � Die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen� , die am 4. September 2000 der �ffentlichkeit vorgestellt wurde. Sie ist aus dem offiziellen lutherisch/katholischen Dialog in Deutschland erwachsen, der vor 27 Jahren begonnen wurde. Von 1976 � 1984 wurde der Text �Kirchengemeinschaft in Wort und Sakrament� erarbeitet. Im Anschluss an die diesbez�glichen offiziellen Voten der Auftraggeber und der darin genannten Desiderate wurde sodann in einer zehnj�hrigen Phase die Communio Sanctorum-Studie erstellt. Angesichts der mehrfach ge�u�erten Kritik an dem biblischen Teil der Rechtfertigungserkl�rung hatte man sich in der �Gemeinsamen offiziellen Feststellung� in aller Form verpflichtet, �das Studium der biblischen Grundlagen der Lehre von der Rechtfertigung fortzuf�hren und zu vertiefen.� Die Bilaterale Arbeitsgruppe hat dazu einen ausf�hrlichen Beitrag geleistet.

Das biblische Zeugnis stand auch am Anfang und in der Mitte der in der Rechtfertigungserkl�rung benannten ekklesiologischen Probleme. Noch ist die Debatte �ber die Communio Sanctorum-Studie nicht abgeschlossen. Die Deutsche Bischofskonferenz hat in ihrer Fr�hjahrsvollversammlung 2003 ein im ganzen positives Votum abgegeben. Die offizielle Stellungnahme der Kirchenleitung der VELKD steht noch aus.

Einen Tag nach der Publizierung von �Communio Sanctorum� wurde in Rom die Erkl�rung der Glaubenskongregation �Dominus Jesus� ver�ffentlicht. Sie hat etliche Irritationen ausgel�st, die weithin verhindert haben, dass die zentrale Intention des Textes zur Kenntnis genommen wurde. Diese entspricht exakt der Aussage der Rechtfertigungserkl�rung: �Lutheraner und Katholiken haben gemeinsam das Ziel, in allem Christus zu bekennen, dem allein �ber alles zu vertrauen ist als dem einen Mittler (1 Tim 2,5f.), durch den Gott im Heiligen Geist sich selbst gibt und seine erneuernden Gaben schenkt.� Wie die Bibel bezeugt erstreckt sich das Heilswirken Jesu Christi durch seinen Geist �ber die Grenzen der Kirche hinaus auf die ganze Menschheit . Alle Christen sind gehalten, m�glichst miteinander zu sagen, was das f�r das Verh�ltnis zu den anderen Weltanschauungen und Religionen bedeutet. Diese Aufgabe ist bei weitem noch nicht bew�ltigt. Hoffentlich bringt uns das Aachener Treffen diesbez�glich ein gutes St�ck voran!

Das gilt auch f�r eine weitere Herausforderung. Der �Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre� l�sst viele fragen: �K�nnen wir nicht auf dieser Basis gemeinsam zum Tisch des Herrn gehen?� F�r viele evangelische Christen lautet die Antwort: �Ja, wir k�nnen es nicht nur, wir sollten es sobald wie m�glich praktizieren.� F�r sie ist zwischen ihnen und den Katholiken alles gegeben, was nach der Confessio Augustana zur Einheit der Kirche gen�gt: dass n�mlich �das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente dem Evangelium gem�� gereicht werden.� Die Katholische Kirche kann das �satis est�, das �das gen�gt� nicht mitvollziehen. F�r sie geh�rt zum Wesen der Kirche und damit zum Vollzug der Sakramente das vom Herrn gewollte Amt, das in apostolischer Sukzession wahrgenommen wird. Auch hier gilt es, einen differenzierten Konzens anzustreben wie es in der Rechtfertigungserkl�rung gelungen ist. Hoffnungsfroh kann uns dabei stimmen, dass es im Hinblick auf �das priesterliche Amt in seiner Beziehung zur Eucharistie� wie auch hinsichtlich ihres Opfercharakters �bedeutsame Fortschritte und Ann�herungen� gibt, �die uns auf eine Zukunft in voller Glaubensgemeinschaft hoffen lassen.� Das hat Papst Johannes Paul II. in seiner Eucharistie-Enzyklika ausdr�cklich festgestellt.

Zwei weitere Fakten k�nnen uns ermutigen, auf dem Weg zur vollen Einheit nicht m�de zu werden: das Jahr der Bibel und der �kumenische Kirchentag.

Noch ist es f�r eine Bilanz zu fr�h, aber jetzt schon ist un�bersehbar, dass es im Jahr der Bibel zu vielen erfreulichen Aktionen gekommen ist. Vielerorts haben sich evangelische und katholische Gemeinden unter das Wort Gottes gestellt. Bibelkreise entstanden; das Bibelteilen wurde praktiziert; �ffentliche Bibellesungen wurden durchgef�hrt. Mancherorts hat man miteinander die Bibel abgeschrieben. Andere haben einander wissen lassen, welches Wort der Heiligen Schrift sie pers�nlich besonders angesprochen hat und haben das dann n�her erkl�rt. Vielfach hat sich gezeigt, was im �kumenismusdekret des Konzils herausgestellt wurde: Die Heilige Schrift ist �ein ausgezeichnetes Werkzeug in der m�chtigen Hand Gottes, um jene Einheit zu erreichen, die der Erl�ser allen Menschen anbietet.�

Intensive Bibelarbeit war auch die Basis des �kumenischen Kirchentages in Berlin. Nach Jahren gemeinsamer Vorbereitung konnte mit �berw�ltigender Beteiligung ein Glaubensfest der Christen gefeiert werden, das zu einem eindrucksvollen gemeinsamen Zeugnis f�r viele wurde. In einer freien und frohen Atmosph�re fand ein engagierter Dialog �ber wesentliche Fragen des Glaubens statt sowie eine ernsthafte Besinnung auf die Weltverantwortung, die alle Christen wahrzunehmen haben. Wir sollten uns die Freude �ber die Berliner Ereignisse nicht nehmen lassen, weder durch kritische Stimmen noch durch die Fixierung mancher Medien auf Geschehnisse au�erhalb des Kirchentages. Wir haben alles zu tun, dass die weiterhin f�lligen Schritte auf dem Weg zur vollen Einheit mit dem R�ckenwind von Berlin getan werden.

Lassen Sie mich mit einer �kumenischen Erfahrung schlie�en, die viele auf die wichtigsten Schritte hingewiesen hat. Auf dem h�chsten Berg des Bistums W�rzburgs steht das Kreuz des Herrn. Im letzten Jahr kam es auf lutherische Anregungen hin zu einer �kumenischen Wallfahrt zum Kreuzberg. Aus verschiedenen Himmelsrichtungen gingen kleine und gr��ere Gruppen auf l�ngerem oder k�rzerem Weg hin zum Kreuzesgipfel. Dort vereinten wir uns zu einem �kumenischen Gottesdienst. Auch nach dessen Ende blieben wir beisammen. Wir hatten eine wahrhaft �kumenische Bewegung erlebt, die Bewegung hin zu unserem Herrn, der sein Leben hingegeben hat, �um die versprengten Kinder Gottes wieder zusammeln� (Joh 11,52). Die Schritte zur Mitte sind die wichtigsten �kumenischen Schritte. Die Schritte zu unserem Mittler bringen uns wie nichts sonst einander nahe. Lassen wir uns durch nichts von diesen Schritten ablenken; gehen wir sie miteinander wo immer wir nur k�nnen.

 

 

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