Aachen 2003

Previous page
Home page

Dienstag, 9. September 2003 - Technologiezentrum am Europaplatz
Das Erbe der M�rtyrer f�r das 21. Jahrhundert

  
  

Jonas Jonson
Lutherischer Bischof von Strangnas, Schweden
  

Im 20. Jahrhundert wurde mehrmals der Versuch unternommen, die religi�sen und eschatologischen Tr�ume der Menschheit mit politischen und ideologischen Mitteln zu erf�llen. Alle diese Versuche schlugen fehl, waren sie nun faschistisch oder marxistisch. Von den utopistischen Ideologien, die im Zeitalter der Moderne ihre Bl�tezeit hatten, ist wenig �brig geblieben. Heute erobert wieder die Religion die Herzen und die Tr�ume der Menschen, besonders in der muslimischen, der christlichen und der hinduistischen Welt.

Viele M�rtyrer der 20. Jahrhunderts waren Opfer des Konfliktes zwischen den s�kularen Ideologien und einer religi�sen �berzeugung. Die Glaubenszeugen des 21. Jahrhunderts k�nnten gut die Opfer eines aufkommenden Konfliktes zwischen einer Religion, die durch die politische Macht korrumpiert ist und einem authentischen und dem�tigen Zeugnis Christi werden, der unter den Armen und Schwachen Fleisch geworden ist.

Das 20. Jahrhundert war gegens�tzlich und zwiegespalten. Es war gekennzeichnet durch das Vertrauen in den Westen, vom wissenschaftlichen Fortschritt und von der Erkl�rung der Menschenrechte. Und es war ein Jahrhundert, das ern�chtert wurde durch die Weltkriege, durch totalit�re Regime und durch schreckliche Ungerechtigkeiten. Es forderte Demokratie und Freiheit, aber es n�hrte Unterdr�ckung, Rassismus und enthnische S�uberungen. Die Kirchen vertrauten einander �kumenisch und in der Solidarit�t mit den Armen, aber sie erreichten so gut wie nichts f�r das Erreichen von Einheit, Frieden und Gerechtigkeit.

Das "christliche Jahrhundert" , das vor dem ersten Weltkrieg ausgerufen wurde, wurde zum Jahrhundert der M�rtyrer. Die Gl�ubigen wurden in eine weltweiten Kampf zwischen den Utopien der Welt und dem Reich Gottes hineingezogen. Sie wurden zerrissen zwischen einer institutionellen, manchmal unlauteren Kirche und dem gl�ubigen Bestreben nach einem Leben mit Jesus gem�� der apostolischen �berlieferung. Das Martyrium wurde aus sehr komplexen Situationen geboren und hat viele Dimensionen.

Wir sind es, die sie als M�rtyrer bezeichnen, nicht sie selbst. Wir machen sie zu beispielhaften Vorbildern f�r ein christliches Leben, w�hrend sie in die geschichtlichen Gegebenheiten verwickelt waren und wenig Wahlm�glichkeiten hatten. Wir nennen sie Zeugen und M�rtyrer im Bewusstsein, wie zweifelhaft unsere Anstrengungen sind und wohl wissend, dass nur Gott die wahren Zeugen des Glaubens kennt. Dennoch haben tausende von christlichen M�rtyrern haben dem 21. Jahrhundert ein unbezahlbares Erbe hinterlassen.

Die Hingabe Christi f�r das Heil der Welt steht im Mittelpunkt des christlichen Bekenntnisses. Es geh�rt zum Geheimnis des Glaubens, an dem die Kirche als Leib Christi immerw�hrend teil hat, in dem Leiden Christi zum Heil der Welt. Eine solche Anteilnahme ist in einigen Momenten sehr gut sichtbar, in anderen Momenten ist sie eine eher verborgene Anteilnahme am Kreuz. Wenn politische Ideen gegen das Christentum die Vorherrschaft erlangen, dann wird das Martyrium des Volkes Gottes zum �berzeugenden und gl�ubigen Zeugnis f�r Christus vor der Welt. Wenn die Kirche selbst der Arroganz der Macht nachgibt, erinnern die M�rtyrer sie dem�tig daran, was es bedeutet auf den Leib Christi getauft zu sein. In der Urkirche sagte man, dass das Blut der M�rtyrer der Same der Kirche sei. Das stimmt auch heute noch und unsere Aufgabe ist es, die Fr�chte des Martyriums des 20. Jahrhunderts reifen zu sehen.

Das Martyrium ist eine Anteilnahme am Leid und am Tod Christi und auf diese Weise auch an der Vers�hnung und dem Frieden, den er schenkt. Die Kirche m�sste sich, wie der heilige Paulus, im Leiden freuen im Hinblick auf die Vers�hnung, indem sie f�r den Leib Christi das erg�nzen, was an den Leiden Christi noch fehlt (Kol 1,24). Das 20. Jahrhundert hat eine Wiederentdeckung der tiefen Bedeutung der Taufe und der christlichen Berufung mit sich gebracht, nicht mittels theologischer �berlegungen sondern durch die tats�chliche Erfahrung der christlichen M�rtyrer. Dies ist ein spirituelles Erbe, das nichts anderes als das wahre Verstehen des Kirche-Seins bedeutet. Die m�glichen ecclesiologischen Folgen sind noch nicht erforscht, aber die M�rtyrer erinnern die Institutionen der Kirche kritisch daran, dass sie sich als unabh�ngig betrachten sollen und dass ein authentisches Christentum ein unsicheres Leben am Rande des Ungl�cks bedeutet. Jesus er�ffnet keinen anderen Weg hin zu neuem Leben als den, der �ber den Tod und das letztliche nicht existent sein f�hrt. Die Martyrer wurden zu Mehl gemahlen und haben Brot f�r die Welt hervorgebracht. Dies ist die Berufung der Kirche.

Die M�rtyrer geh�ren zur gesamten Kirche. Sie kommen aus allen Traditionen. Sie haben ihr Leben gelebt als Orthodoxe, Katholiken oder Protestanten. Sie waren ihrem Glauben treu, den sie geerbt hatten. Getauft auf den einen Leib Christi haben sie einen Tod erlitten, der seinem �hnlich war und so wurden sie zu Zeugen der sichtbaren Einheit der Kirche. Keine der Traditionen kann sie f�r sich allein beanspruchen, und sie d�rfen nicht nur durch ihr eigenes Volk verehrt und gefeiert werden. Sie geh�ren der ganzen Kirche an durch die Jahrhunderte hindurch. Die M�rtyrer sind wirklich das kraftvollste Zeichen f�r die christliche Einheit, das wir gesehen haben. Eine christliche Gemeinschaft, die Personen aufnimmt, die f�r den Herrn das �u�erste Zeugnis ablegen, darf nicht von anderen Kirchen verachtet werden. Unsere Kommunion ist, wenn sie auch real ist, noch unvollkommen und sie schlie�t Die Anerkennung der Authentizit�t der anderen ein. Die Gemeinschaft der heiligen und M�rtyrer m�sste, wenn sie real und vollkommen ist, eine dauernde Quelle der Dankbarkeit und der Inspiration f�r uns alle sein.

Wir gedenken der vielen Tausend christlichen M�rtyrern und wir haben begonnen zu ergr�nden, was ihr Leben und ihr Tod f�r uns und ff�r die Kirche in ihrer Gesamtheit bedeutet. Aber wir m�ssen auch an Angeh�rige anderer Glaubensrichtungen und �berzeugungen denken, die vom B�sen zerst�rt wurden und die ihr Leben hingegeben haben f�r f�r das Gut der Menschlichkeit im 20. Jahrhundert. F�r einen Christen ist der Tod Christi ein Spiegel, um den Tod als Dimension zu begreifen, die zum Glauben dazugeh�rt. Das bringt uns zu einem tieferen Verst�ndnis des christlichen Lebens. Das erkl�rt uns nicht das Geheimnis des B�sen, noch stellt es einen Christen in eine privilegierte Position und es macht sein Zeugnis auch nicht zu einem gr��eren Beitrag zum Lauf der Menschheitsgeschichte, als das Glaubenszeugnis irgend eines anderen tut. Das christliche Martyrium sch�rft unseren Blick f�r unsere eigene Tradition, aber es muss auch unsre Herzen �ffnen f�r die anderen, die menschliches Leid erlitten haben f�r das Gut der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens. Das Erbe der M�rtyrer des 20. Jahrhunderts hilft uns menschlicher und schlie�lich auch christlicher zu werden. Wie gedenken gemeinsam der Glaubenszeugen, nicht um andere auszuschlie�en, sondern um endlich die Vers�hnung und die W�rde des Menschen in den Mittelpunkt unserer Berufung zu stellen.

 

 

  Copyright� 1999-2003 Comunit� di Sant'Egidio