Aachen 2003

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Dienstag, 9. September 2003 - Katschhof
Schlusszeremonie

  
  

Andrea Riccardi
Gemeinschaft Sant�Egidio
  

Ehrw�rdige Vertreter der Weltreligionen,

liebe Freunde aus der Stadt Aachen,

liebe Freunde aus allen Teilen der Welt,

wir nehmen an einem wichtigen Ereignis teil: es ist ein Ereignis des Frieden. Es ist nicht selbstverst�ndlich, dass sich viele Menschen aus unterschiedlichen Religionen und Kulturen im Namen des Friedens begegnen. Das ist in dieser von tiefen Spaltungen gezeichneten Welt nicht selbstverst�ndlich. Es ist nicht selbstverst�ndlich angesichts vieler Kriege, zu vieler Kriege. Trotzdem hat es in Aachen stattgefunden. Wen n wir bedenken, dass man sich in vielen Teilen der Welt nicht versteht, wird uns bewusst, dass dieses Ereignis wertvoll ist. Es ist eine Erfahrung und eine Verpflichtung f�r die Zukunft.

Die Konsumgesellschaft gew�hnt uns daran, alles wegzuwerfen und dann wieder aufzusammeln. Doch das Ereignis von Aachen ist kein Objekt, man kann es nicht kaufen und auch nicht wegwerfen. Es ist eine Pflanze, die durch die Kunst des Dialogs gewachsen ist und die heute Friedenfr�chte hervorbringt. Es ist ein dichter Friedensbaum, der ein hoffnungsvollles Zeichen ist. Es ist eine Pflanze, die Pflege braucht. Diese Pflanze braucht Pflege im eigenen Vaterland, in den L�ndern, die durch Kriege verarmt sind, in den L�ndern mit vielen Konflikten und in den L�ndern voller Elend.

Dieses Ereignis ist die Pflanze des Dialogs, der Friedensfr�chte hervorbringt.

Oft fehlt die Geduld zur Pflege dieser Pflanze. Es fehlt die Ausdauer, mit der wir jedes Jahr zusammenkommen und nicht aufh�ren, einen Dialog zu f�hren und die F�den eines geschwisterlichen Gespr�chs weiter zu kn�pfen, die nicht zerrissen werden d�rfen. Man braucht Ausdauer, die Ausdauer von Friedensarbeitern, die den Pflug des Dialogs steuern k�nnen; er ist ein altes Werkzeug, das aber immer noch aktuell ist. Mit dieser Ausdauer tr�umen wir alle seit vielen Jahren einen Traum und wollen ihn verwirklichen: den Traum von einer weiten Freundschaft unter den V�lkern und Religionen. Ein Traum? Ja, nat�rlich; aber auch ein gro�es Bed�rfnis in dieser Welt, in der alles zum Greifen nah erscheint, in der wir aber noch weit voneinander entfernt sind.

Wir bleiben diesem Traum treu: ohne Angst, Widerspruch zu erfahren, ohne uns von der Logik der Gewalt �berw�ltigen zu lassen, ohne uns der Logik des Krieges zu beugen und ohne den Realismus mit der Resignation gleichzusetzen. Mit Geduld haben wir das Netz des Dialogs gekn�pft, das durch jahrhundertelange Missverst�ndnisse und durch aktuelle Konflikte zerrissen ist. Mit dieser Geduld haben wir in diesen Tagen einander zugeh�rt und uns verstanden; und dadurch ist aus vielen und unterschiedlichen Menschen ein Volk des Friedens geworden. Geduld, Ausdauer und Dialog sind Werte, f�r die wir uns nicht sch�men: Diese Werte sind grundlegend, wenn wir eine bessere Zukunft aufbauen wollen. Wer diese Werkzeuge f�r seinen Kampf einsetzt, will dem Pessimismus keinen Raum geben und die Welt nicht der Gewalt und dem Krieg �berlassen.

Wir wollen eine bessere Zukunft aufbauen! Dieser Traum ist durch diese Tage gest�rkt und nicht zunichte gemacht worden. Die Religionen d�rfen und k�nnen nicht in sich verschlossen leben. In diesen Tagen hat es nicht an Selbstkritik von Seiten der Religionen gefehlt: Was haben wir angesichts so vieler Kriege unternommen? Was haben wir angesichts des gro�en Hasses getan? Wir brauchen mehr Liebe, mehr Frieden, mehr Dialog.

Wir haben uns dem einen Gott zugewandt und f�r den Frieden gebetet. Bischof Mussinghoff hat gesagt: �Gott ist nicht katholisch. Gott ist nicht evangelisch. Gott ist nicht orthodox. Gott ist nicht einmal christlich. Gott ist nicht Jude. Gott ist nicht Muslim. Gott ist kein Buddhist... Gott ist Gott, der Vater aller Menschen. Gott will, dass alle Menschen gerettet werden. Gott sorgt sich um alle Menschen. Gott ist Gott f�r alle. Er ist unser Vater�.

Gott, liebe Freunde, spricht von einem einzigen Schicksal der Welt. Gott spricht von Einheit.

Die Welt ist global geworden, doch nicht vereint. Zu viele Trennungen, zu viele Spaltungen. Global, aber nicht friedlich. Global, aber nicht geeint.

Der Name Gottes hat in diesen Tagen von Einheit gesprochen. Danach wollen wir streben. Einheit hei�t Frieden. Frieden ist Einheit unter unterschiedlichen Menschen, die unterschiedlich bleiben, die sich jedoch unter dem einen Blick Gottes verstehen, in einer Friedensvision. Einheit bedeutet, dass wir einen Teil der Welt nicht in Elend und Verlassenheit abgleiten lassen. Einheit hei�t Solidarit�t und Gerechtigkeit.

Ich danke Euch, liebe Freunde aus Asien, dass Ihr aus der Ferne gekommen seid und uns die Sch�tze Eurer Traditionen aufgetan habt. Ich danke Euch, liebe Freunde aus Afrika, dass Ihr �ber Euren Kontinent gesprochen habt und uns gezeigt habt, wie viel er unserem Kontinent geben kann und wie sehr er von der Welt vergessen ist. Ich danke Euch, liebe Freunde aus dem Nahen Osten: Wir bitten mit euch um Frieden! Ich danke euch, liebe Freunde aus Amerika, dass Ihr Euch uns angeschlossen habt, ich danke den Europ�ern, die uns alle zusammen mit den Deutschen in diesem unseren Europa aufnehmen.

Wir haben viele Stimmen geh�rt, die zwar unterschiedlich sind, aber deshalb nicht unbedingt im Konflikt miteinander stehen. Eine Symphonie von Worten und Erfahrungen, die beweisen, dass man in Frieden leben kann, die beweisen, dass der Friede die tiefe Botschaft der Religionen ist. Die Pflanze muss noch sehr wachsen und bessere Fr�chte des Friedens hervorbringen: Wir werden mit dem alten und �u�erst aktuellen Werkzeug des Dialogs daf�r arbeiten. Wir haben nicht aufgeh�rt zu tr�umen. Und das ist unser Art, eine bessere und menschlichere Welt aufzubauen.

 

 

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