Berlin war in Deutschland die erste Stadt, die dem Ruf der Gemeinschaft Sant" Egidio gefolgt ist, und sich deren Aktion Cities for Life anschloss. Die zweite deutsche Stadt war im Jahr 2003 Fellbach, am Dienstag hat der Verwaltungsausschuss des Winnender Gemeinderats beschlossen, dass sich die Stadt ebenfalls anschließen wird. Anstoß war ein Brief der Gemeinschaft, deren deutsche Dependance in Würzburg ihren Sitz hat. Die Gemeinschaft setzt sich für den Frieden ein und wendet sich entschieden gegen die Todesstrafe. Gegründet wurde sie 1968 in Rom als Laienbewegung von katholischen Schülern und Studenten. Benannt ist der "öffentliche Verein von Gläubigen in der Kirche" nach dem Kloster Sant" Egidio in Rom, wo er seinen Hauptsitz hat.
Zum 30. November werden jährlich von der Gemeinschaft Aktionen angeregt, mit denen auf ihre Anliegen aufmerksam gemacht werden sollen. Daran will sich die Stadt Winnenden dieses Jahr erstmals beteiligen. In welcher Form, das sei noch offen. Ein erster Vorschlag wurde im Verwaltungsausschuss von dem FDP-Stadtrat Peter Friedrichsohn gemacht. Er schlug vor, die Schwelle des ehemaligen Reservelazaretts an der Schlossstraße zu beleuchten, in dem rund 6500 traumatisierte deutsche und kriegsgefangene Soldaten im Zweiten Weltkrieg eingewiesen worden waren.
Im Februar war vor dem Haus eine Inschrift zum Gedenken an die Soldaten enthüllt worden, die sogar von ihren Ärzten abschätzig als Kriegsneurotiker und "Drückeberger" bezeichnet wurden. Die Stadtarchivarin, die der Geschichte des Hauses erforscht hatte, erklärte während der Enthüllung, um was es sich bei der Einrichtung tatsächlich gehandelt hatte.
Die Bezeichnung Lazarett ist in diesem Zusammenhang nämlich irreführend, denn für die deutschen Patienten bedeutete die Einweisung, latent in Lebensgefahr zu schweben. "Drückebergerei" war verwandt mit Kriegsdienstverweigerung und auf diese stand die Todesstrafe. "Bedenklich war vor allem die biologistische, von krassem Sozialdarwinismus geprägte Vorstellung der Ärzte von menschlichem Leben, in dem die Stärksten im Kampf überleben und die Schwachen ausgelöscht werden sollten", so Sabine Reustle. Traumatisierte Soldaten schwebten immer in Gefahr, sterilisiert zu werden, "da man ihr Zusammenbrechen auf schlechte Erbmasse und nicht den Krieg zurückführte".
Der Vorschlag würde zwei Aspekte abdecken - Krieg und Todesstrafe. In Winnenden wird jetzt beraten werden, wie die Beteiligung genau aussehen könnte. Die Aufnahme in die Liste der Cities of Life erlebt der Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth übrigens zum zweiten Mal. Creglingen, in dem er zuvor im Amt war, ist bereits auf der Liste vertreten. Laut dieser ist Winnenden nach Fellbach und Stuttgart die dritte City of Life in der Region.