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Dankgottesdienst zum 50. Jahrestag der Gemeinschaft Sant’Egidio

10. Februar um 17.30 Uhr in der Lateranbasilika des Hl. Johannes

Die ersten Personen sind 2018 durch die humanitären Korridore in Italien angekommen. Die neue Phase des Projektes, das zum Modell der Gastfreundschaft und Integration für Europa geworden ist


 
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12 September 2011 09:00 | Residenz, Allerheiligen-Hofkirche

Martyrs and Witnesses of Faith, Manfred Scheuer



Manfred Scheuer


Bischof von Innsbruck, katholische Kirche, Österreich

Clemens August Graf von Galen

Clemens August Graf von Galen, geboren 1878, Bischof von Münster (1933-1946), selig gesprochen am 9. Oktober 2005 im Petersdom in Rom, hat 1898 -1903 in Innsbruck studiert. Es waren nicht seine wissenschaftlichen und akademischen Qualitäten, die Universität und Fakultät 1937 veranlassten, ihm die Ehrendoktorwürde zu verleihen, es waren seine Verdienste in der Seelsorge. In entscheidenden Stunden der Geschichte hat Galen Zivilcourage bewiesen und sein Leben aufs Spiel gesetzt. Anders als viele Intellektuelle seiner Zeit hatte er die rechte Urteilskraft gegenüber dem Nationalsozialismus und hatte er die Wahrheit auch öffentlich bekannt. Galen realisierte die Widerstandskraft des Glaubens gegenüber einem barbarischen System der Menschenverachtung und der Gottlosigkeit. Bereits 1934 brandmarkte Galen das Bekenntnis der Nationalsozialisten zum so genannten positiven Christentum als „Täuschung der Hölle“ und verfasste ein Vorwort zu einer wissenschaftlichen Widerlegung von Pamphleten Alfons Rosenbergs. In drei Aufsehen erregenden Predigten nahm er gegen die Tötung Geisteskranker Stellung und hat „Euthanasie“ offen als Mord angeprangert. Am 3. August 1941: „Jene unglücklichen Kranken müssen sterben, weil sie nach dem Urteil irgendeines Amtes, nach dem Gutachten irgendeiner Kommission ‚lebensunwert’ geworden sind, weil sie nach diesem Gutachten zu den ‚unproduktiven Volksgenossen’ gehören. Man urteilt: sie können nicht mehr Güter produzieren, sie sind wie eine alte Maschine, die nicht mehr läuft, sie sind wie ein altes Pferd, das unheilbar lahm geworden ist, sie sind wie eine Kuh, die nicht mehr Milch gibt. Was tut man mit solch einer Maschine? Sie wird verschrottet. Was tut man mit einem lahmen Pferd mit solch einem unproduktiven Stück Vieh? Hast du, habe ich nur so lange das Recht zu leben, solange wir produktiv sind, von anderen als produktiv anerkannt werden? Wenn man den Grundsatz aufstellt und anwendet, dass man den unproduktiven Menschen töten darf, dann wehe uns allen, wenn wir alt und altersschwach werden. … ‚Du sollst nicht töten!’ Gott hat dieses Gebot in das Gewissen der Menschen geschrieben, längst ehe ein Strafgesetzbuch den Mord mit Strafe bedrohte, längst ehe Staatsanwaltschaft und Gericht den Mord verfolgten und ahndeten.“ 

Carl Lampert

Carl Lampert, Dr. jur. can. geb. 9. 1. 1894 Göfis/Vorarlberg wurde 1935 nach Innsbruck gerufen. Hier war er zunächst Vorsitzender des kirchlichen Gerichts. Ende 1938, nach dem Anschluß Österreichs, wurde er von dem neu ernannten Bischof Dr. Paulus Rusch zum Provikar ernannt und wurde damit sein Stellvertreter. Am 4. März 1940 wurde er von Gestapo-Leuten verhaftet und in das Polizeigefängnis „Sonne“ in der Nähe des Innsbrucker Hauptbahnhofes eingeliefert. Das Todesurteil wird später als Grund für diese Inhaftierung nennen, „weil er die Schwestern eines Frauenklosters bei der Schließung dieses Klosters zum Widerstand aufgefordert hatte.“ Aus dieser Haft wurde Lampert nach zehn Tagen entlassen (4. - 14. März 1940 Polizeigefängnis Innsbruck). Zu einem neuen Konflikt kam es, als der Sender Radio Vatikan am Ostersonntag, den 23. März 1940 unter seinen kirchlichen Weltnachrichten in deutscher Sprache auch einen Bericht über die kirchlichen Zustände in Tirol und darin über die einschränkenden Maßnahmen der Gestapo brachte und der Gestapochef Hilliges in Lampert den Urheber dieses Berichtes sah. Diese Haft dauerte vom 28. März bis 11. April 1940. Lamperts dritte Festnahme in Innsbruck erfolgte im Juni 1940, „weil er durch den Text einer Todesanzeige Unruhe unter der Bevölkerung gestiftet hatte.“ (Todesurteil) Diese Todesanzeige hatte gelautet: „Gott hat unseren innigstgeliebten Seelsorger H.H. Pfarrer Otto Neururer nach großem Leid heimgeholt in seine Liebe. Er starb am 30. Mai 1940, fern seiner Seelsorgegemeinde, in Weimar/Buchenwalde. Wir kannten Herrn Pfarrer Neururer als einen Mann vorbildlicher Pflichterfüllung und ganzer Hingabe an seine Seelsorgeaufgabe. Sein Leben unter uns und sein Sterben werden wir nie vergessen. Die Beisetzung des lieben Toten wird später bekanntgegeben werden.“  Nach Inhaftierung in Innsbruck vom 5. Juli bis zum 24. August 1940 angeblich wegen dieser Todesanzeige wurde Lampert am 25.8. 1940 in das Konzentrationslager nach Dachau verbracht (bis 30. August 1940).  Es folgte vom 30. August bis zum 14. Dezember 1940 das KZ Sachsenhausen und schließlich wieder vom 14. Dezember 1940 bis zum 1. August 1941 das KZ Dachau. Nach der Entlassung aus Dachau bekam er Gauverbot und wurde in Pommern konfiniert, dort wiederum fiel er einem Spitzel der Gestapo hinein. Er wurde wiederum vom 4. 2. - 5. 12. 1943 in Stettin inhaftiert, dann vom 5. 12. 1943 - 14. 1. 1944 Halle an der Saale und schließlich vom 14. 1. - 13. 11. 1944 Torgau (Fort Zinna).
Die Verhandlungen in Torgau zogen sich fast ein Jahr hin. Im September 1944 sollte das erste Mal das Urteil erfließen, in der Nacht vor dem Urteilsspruch erschoss sich der Präsident des Gerichtes, der sich scheinbar nicht entschließen konnte, den Spruch zu fällen. Ein anderer Senat fällte das Urteil, der Führer lehnte die Begnadigung ab, so wurde dann Dr. Lampert am 13. November 1944 in Halle hingerichtet; mit ihm starben P. Friedrich Lorenz OMI und Herbert Simuleit (beide Kapläne in Stettin).“
Carl Lampert ist für die Rechte der Kirche eingetreten in einer Zeit, in der das Recht gebeugt wurde, in Zeiten, in denen Menschenrechte durch das Recht des Stärkeren ersetzt wurden, in denen Mord, Einschüchterung, Deportation, Internierung und Ausmerzung von Behinderten, sozial Minderwertigen, Juden und minderwertigen Rassen zum Alttagsgeschäft gehörten. Und er ist selbst Opfer des Unrechts, der Tyrannei und der Willkür geworden. Lampert wurde furchtbar gefoltert, fünfmal mit „Ochsenziemern“ unmenschlich geschlagen: Essensentzug, kein Wasser drei Tage lang, Misshandlungen, Drohungen, Versprechungen für den Fall des Austritts aus der Kirche.
Liebe oder Hass: „Bei der Verhandlung wurde er unter anderem auch gefragt, welches Werk er höher schätze, das Evangelium oder das Buch ,Mein Kampf’? Darauf gab er folgende Antwort: Das Evangelium ist das Wort Gottes und verkündet die Liebe. Das Buch des Herrn Hitler ist das Werk eines Menschen und predigt nur den Hass.“  – Provikar Lampert hatte die Gabe der Unterscheidung der Geister: zwischen dem wahren Gott der Liebe und den Götzen der Rasse und der Macht, zwischen Jesus Christus und den Verführern, zwischen dem Hl. Geist und dem Ungeist der menschen- und gottverachtenden Barbarei. Er gibt uns heute zu denken, damit die Frage nach Recht und Unrecht nicht zu einer Position des bloßen Geschmacks verkommt, damit die Unterscheidung zwischen Humanität und Barbarei, zwischen sittlichen Prinzipien und verbrecherischen Grundsätzen nicht auf die Ebene des Durchsetzungsvermögens verfällt.

Franz Jägerstätter

Franz Jägerstätter , geboren am 20. Mai 1938 in St. Radegund/Oberösterreich, verweigerte den Nationalsozialisten, die in Österreich 1938 die Macht übernahmen, von Anfang an jede Zusammenarbeit oder Unterstützung, denn Christentum und Nationalsozialismus waren für ihn völlig unvereinbar. 1940 wurde er zum Militärdienst einberufen, auf Betreiben der Heimatgemeinde aber zweimal als unabkömmlich gestellt. Einer weiteren Einberufung wollte er nicht mehr Folge leisten, denn mitzukämpfen und zu töten, dass Hitler die ganze Welt beherrschen könne, sah er als Sünde an. Nach der erneuten Einberufung meldete sich Franz Jägerstätter am 1. März 1943 bei seiner Stammkompanie in Enns, erklärte aber sofort: „dass er auf Grund seiner religiösen Einstellung den Wehrdienst mit der Waffe ablehne, ... dass er gegen sein religiöses Gewissen handeln würde, wenn er für den nationalsozialistischen Staat kämpfen würde; ... er könne nicht gleichzeitig Nationalsozialist und Katholik sein; ... es gebe Dinge, wo man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen; auf Grund des Gebotes ‚Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst’ dürfe er nicht mit der Waffe kämpfen. Er sei jedoch bereit, als Sanitätssoldat Dienst zu leisten.“ (Aus der Begründung des Reichskriegsgerichtsurteils vom 6. Juli 1943) Wegen Wehrkraftzersetzung wurde Franz Jägerstätter zum Tod verurteilt und am 9. August 1943 in Brandenburg/Havel enthauptet. Die beiden Seelsorger, Pfarrer Kreutzberg in Berlin und Pfarrer Jochmann in Brandenburg, sahen in ihm einen Heiligen und Märtyrer. Im Jahre 1965 verwies Erzbischof Thomas D. Roberts bei der Arbeit an der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils in einer schriftlichen Eingabe auf die einsame Gewissensentscheidung Franz Jägerstätters: „Märtyrer wie Jägerstätter sollen nie das Gefühl haben, dass sie allein sind.“ Am 26. Oktober wird Franz Jägerstätter in Linz selig gesprochen.
Franz Jägerstätter hält es für unvereinbar, Soldat Christi und zu gleicher Zeit Soldat für den Nationalsozialismus zu sein, unvereinbar, für den Sieg Christi und seiner Kirche und zur selben Zeit auch für die nationalsozialistische Idee und für deren Endsieg zu kämpfen.  Jägerstätter weiß sich vor die Alternative gestellt: Gott oder Götze, Christus oder Führer bzw. Christus oder Satan.  Franz Jägerstätter bezeugt den biblischen Gott gegen die Götzen Hitlers. So wurde er zu einem Dolmetscher Gottes in einer Zeit der gott- und menschenverachtenden Barbarei.  Jägerstätter sieht die Kirche vom Reich Gottes, von der Nachfolge Jesu und vom Bekenntnis zu Jesus her. Im Kontext seiner Überlegungen zum gerechten oder ungerechten Krieg schreibt er: „Sollten wir Christen denn nicht wahre Nachfolger Christi werden?“ 

Märtyrer und Zeugen des Glaubens

Gerade im 20. Jahrhundert bestanden immer wieder Mechanismen der Herrschaft und der Lüge, welche die Leugnung Gottes einschlossen. In solchen Situationen war der Glaube an Gott, das Stehen in der Wahrheit und die Suche nach Gerechtigkeit nicht selten mit Verfolgung verbunden. Die Märtyrer des 20. Jahrhunderts schärfen den Blick, die Zeichen der Zeit recht zu deuten; sie lassen in Zeiten des Hasses, der Barbarei und der Menschenverachtung die Wahrheit Gottes und die Würde des Menschen aufleuchten. Sie waren mit ihrer Diagnose der Gesellschaft und deren Ideologien nicht fanatisiert oder verblendet, sondern klarer als viele ihrer Zeitgenossen. Ihr prophetisches Zeugnis für die christliche Wahrheit beruhte auf einer radikalen und weitsichtigen Analyse der menschen- und gottverachtenden Systeme, des Rassenwahns, der Ideologie des Krieges und der Staatsvergottung, wie deren erklärtem Vernichtungswillen gegenüber Christentum und Kirche. Für sie war der Glaube an Gott mit einer radikalen Ideologie- und Götzenkritik verbunden. Sie realisierten die Widerstandskraft des Glaubens. Das Bekenntnis zum Gott Jesu Christi, die Treue zum Evangelium und zum Gewissen wurde in unterschiedlicher Weise vor die Alternative: Gott oder Götze gestellt. Um Gottes willen galt es, totalitäre Systeme der Nation, der Herrenrasse, des Geldes, des Konsums, der Erfolgs- und Siegergesellschaft zu unterbrechen, die Unwahrheit und Verblendung bestehender Verhältnisse aufzuzeigen und lebendige Alternativen vorzuleben. Dazu gehörten auch der Einsatz für Menschenwürde, Solidarität, Gerechtigkeit oder auch die Option für die Armen, die in Widerspruch zu herrschenden Interessen stand.
Christliches Martyrium bezeugt den Glauben an Gott als den Herrn und Freund des Lebens, der die Toten lebendig macht. Von da her ist Martyrium von einer schöpfungstheologischen Option für das Leben und von der Ehrfurcht vor dem Leben, also gerade nicht von Verachtung, Todessehnsucht und Nekrophilie geprägt. Diese Option für das Reich Gottes ist im Sinne des Taufbekenntnisses mit dem Widersagen gegen das Böse in der psychischen, metaphysischen, intellektuellen und politischen Ordnung verbunden. Der Glaube ist keine Leidensideologie, aber er schärft gegenüber Gleichgültigkeit und Neutralität den Blick für die Unvermeidlichkeit des Leidens als Folge sittlicher und christlicher Konsequenz. Martyrium ist Konsequenz des Glaubens in einer Situation der Verblendung. Es ist Ausdruck der Liebe unter den Bedingungen der Lieblosigkeit und der Vergiftung. Es zeigt, dass christliches Leben zutiefst in Jesu Kreuz und Auferstehung gründet. Der christliche Märtyrer stirbt nicht für eine bloße Idee, er stirbt mit jemandem, der schon vorweg für ihn gestorben ist. Martyrium ist von Jesus Christus her qualifiziert: Neutestamentliche Motive wie Nachfolge, Nachahmung (mimesis), Gleichgestaltung mit Christus, christliches Leben als Wettkampf und die Vollendung in der Lebensgemeinschaft mit Christus sind hier aufzunehmen. Mitte christlichen Verständnisses von Martyrium ist die Proexistenz Jesu, der sich angesichts des Neins der Menschen zu der sich offenbarenden Liebe Gottes restlos in die Verfügung Gottes übereignet. So ist die Liebe das Kriterium für alle Formen des Martyriums.  Die gelebte Einheit von Gottes- und Nächstenliebe, der Geist der Seligpreisungen, machen Verfolgte zu Zeugen des Reiches Gottes, zu Märtyrern.
Die Märtyrer des 20. Jahrhunderts sind aber auch Krisis, nicht zuletzt für die Kirche selbst, insofern sie den unbedingten Anspruch des Reiches Gottes bezeugen und die Trennlinie zwischen Heiligkeit und Sünde ziehen. Zudem stellen sie die Frage nach der Geschichte kirchlicher Aggression, wenn Juden durch Christen bzw. Christen durch Christen zu Märtyrern geworden sind.


München  2011

Botschaft
von Papst
Benedikt XVI


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