Am Dienstag, den 8. Juli 2014 hat der armenisch-katholische Erzbischof von Aleppo, Boutros Marayati,
beim Abendgebet der Gemeinschaft Sant'Egidio in der Basilika Santa Maria in Trastevere gepredigt
Johannes 21,15-19
Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Hast du mich lieb? Er gab ihm zu Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Amen, amen, das sage ich dir: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!
Liebste Brüder und Schwestern, guten Abend.
Ich danke dem Herrn für allem für dieses gemeinsame Gebet. Ich spüre, dass es zwischen Aleppo und Rom eine spirituelle Brücke gibt. Diese Verbundenheit ist eben der Geist Jesu, dieses Gebet, bei dem ihr nicht vergesst, an uns zu denken, an ganz Syrien und vor allem an Aleppo, an die entführten Bischöfe, Priester, an die Kinder und Jugendlichen und alle, die hetue durch einen sinnlosen Krieg leiden.
Daher danke ich der Gemeinschaft Sant'Egidio für diese Verbundenheit, für die Gebete und insbesondere für die Hilfe, die bei uns ankommt und uns unterstützt. Wir wissen, dass viele uns lieben und uns gern haben. Im Namen aller Stimmlosen, die keine Worte haben, sage ich euch: Danke schön!
Die Figur des Petrus, von der wir in der Lesung aus diesem Evangelium gehört haben, gefällt mir sehr. Dieser Petrus war ein Fischer, und er liebte Christus. Er hat Haus, Frau und Kinder verlassen. Eines Tages kam der Herr in sein Haus und heilte seine Schwiegermutter, wie das Evangelium berichtet. Dieser starke Mann mit einem sehr natürlichen und offenen Charakter hatte Zweifel: Er wollte nicht fischen gehen, als Jesus ihn dazu aufforderte. Er hatte Zweifel, als der Herr sagte: "Komm, du kannst auf dem See gehen". Er ging auf das Wasser und ist fast ertrunken, bevor er Christus um Hilfe anflehte.
Dieser Mann hatte nichts vom Himmelreich verstanden und wollte Jesus mit dem Schwert verteidigen. Dieser Mann liebte Jesus so sehr, dass er sagte: Zu wem sollen wir gehen, Herr? Zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Doch als es zu Schwierigkeiten kam, hat er ihn dreimal verleugnet.
Er behauptete, immer bei Jesus zu bleiben, doch es kam eine Zeit, in der er ihn dreimal verriet und dann geweint hat.
Jetzt aber sehen wir das Ende, bevor Christus in den Himmel auffährt. Es ist ein Akt der Reue, vor den Petrus gewissermaßen gestellt wird, der seine Sünden vergessen hatte, nachdem er geweint hatte. Nun wird er dreimal gefragt: Simon Petrus, liebst du mich? Und Petrus antwortet: Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Dreimal. Dreimal hat er ihn verleugnet, dreimal wiederholt er dasselbe: Herr, ich liebe dich, ich hab dich gern.
Liebste Brüder und Schwestern,
Jesus sagt zu jedem von uns: Liebst du mich? Liebst du mich mehr als diese? Selig sind wir, wenn wir mit Petrus antworten können: Ja, Herr, du weißt es, du weißt alles und weißt ganz genau, dass ich dich liebe. Trotz aller Sünden, trotz allem, was in meinem Leben geschieht, bist du mein Meister, du bist mein Herr, du bist mein alles. Einer unserer armenischen Väter im Orient hat sich gefragt: Warum? Warum hat Christus diesen Petrus erwählt mit all seinen Schwächen, seiner Ignoranz, der ihn dann dreimal verleugnet hat? Warum hat er ihn zum Führer der anderen Apostel gemacht, zum Fundament, zum Felsen der Kirche? Warum? Hätte er nicht besser Johannes erwählen sollen? Dieser Jugendliche, der wie er nicht verheiratet war, der ihn so sehr liebte. Dieser Johannes, der nicht sündigte. Warum hat er Petrus erwählt und nicht Johannes zum Oberhaupt der anderen Apostel?
Dieser Vater der armenischen Kriche antwortet folgendermaßen: Er hat Petrus erwählt, weil er so menschlich gelebt hat, weil er die Erfahrung des Menschen gemacht hat, der sündigen und Reue zeigen kann. Joahnnes war noch nicht reif. Christus hat jemanden erwählt, der die Schwachen verstehen kann, der die Sünder verstehen kann, der die anderen verstehen kann und nicht streng sagt: Ich bin besser als die anderen.
Liebste Brüder und Schwestern, das sagt Jesus auch zu uns in Syrien, in Aleppo, zu uns, die wir schlimme Zeiten erleben ohne Licht und Wasser, ohne das Geringste zum Essen. In dieser Versuchung fragt uns der Herr: Liebst du mich? Täglich sagt der Herr zu mir und zu allen Gläubigen: Liebst du mich?
Denn es gibt viele, die mittlerweile die Hoffnung verloren haben, die nicht mehr das Ende dieses Krieges erkennen können, der überallhin vordringt. Sie haben Angst um die Kinder, um die Zukunft, sie haben Angst um ihre Sachen und um sich selbst. Viele haben ihr Haus verloren. Wir beten unter der Kirche, nicht in der Kirche, sondern in Räumen unter den Kirchen, weil wir Angst vor den Raketen haben, die überall niedergehen. Unser Bischofssitz wurde getroffen.
In all diesen Dingen wollen wir zum Herrn sagen: Herr, du weißt alles, wir haben dich gern. Wir sind bereit, dieses Leben zu leben, weil wir wissen, dass du bei uns bist und uns nicht verlässt. Wir wissen, dass du immer bei uns bleiben wirst und der Tag unserer Auferstehung kommen wird.
Simon Petrus, liebst du mich? Ja, Herr, du weißt genau, dass ich dich liebe. Amen. |