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September 4 2012

Der loyale Gegenspieler

Mailand hat am Montag seinen populären Kirchenfürsten zu Grabe getragen: Zum Tod von Kardinal Carlo Maria Martini

 
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Rom (DT) Mit großer Aufmerksamkeit und Anteilnahme hat Italien Abschied genommen von Kardinal Carlo Maria Martini, dem langjährigen Erzbischof von Mailand
Der Jesuit, ehemalige Rektor der Päpstlichen Universität Gregoriana und Bibelforscher hatte sich in den Jahren, in denen er der größten Erzdiözese der Welt vorstand, auch als erfolgreicher Buchautor einen Namen gemacht. In den säkularen Medien des Landes, die ihm jetzt noch einmal lange Beiträge widmeten, war ihm dabei der Ruf zugefallen, eine Art "Gegenpapst" zu Johannes Paul II. und vor allem zu Benedikt XVI. zu sein. Martini war am Freitagnachmittag in einem Heim des Jesuitenordens im norditalienischen Gallarate nach langer Parkinson-Krankheit verstorben. Er wurde 85 Jahre alt
Am Samstag nahm die Bevölkerung von dem im Mailänder Dom aufgebahrten Leichnam des Kirchenfürsten Abschied, die Beerdigung des überaus populären Kardinals fand gestern Nachmittag im Beisein des italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti statt. In Medienberichten rund um das letzte Konklave im Jahr 2005 hatte es sogar geheißen, Kardinal Martini sei der große Gegenkandidat zu Kardinal Joseph Ratzinger und die Papstwähler, die den Deutschen auf dem Stuhl Petri verhindern wollten, hätten sich auf Martini geeinigt - Pressespekulationen, die sich später als sehr zweifelhaft erweisen sollten. Stattdessen fiel in den folgenden Jahren auf, dass der Jesuiten-Kardinal und Benedikt XVI. ein überaus herzliches und freundschaftliches Verhältnis pflegten. Der Papst empfahl jungen Leuten, die Schriften Martinis zu lesen. Die letzte kurze Begegnung zwischen beiden fand im Bischofspalast am Rande des Weltfamilientreffens in Mailand statt. Der kranke Kardinal konnte sich kaum noch erheben. Jetzt schrieb Papst Benedikt in einem am Freitagabend veröffentlichten Telegramm an den gegenwärtigen Erzbischof der lombardischen Metropole, Kardinal Angelo Scola, er nehme Anteil am Schmerz der Angehörigen und der Gläubigen von Mailand. Er bezeichnete den Verstorbenen als "lieben Bruder". Martini habe der Kirche und dem Evangelium "großzügig gedient". Der Papst würdigte Martini darüber hinaus als "pflichtbewussten und weisen" Erzbischof, bedeutenden Bibelwissenschaftler und geschätzten Leiter der Päpstlichen Universität Gregoriana. Mit seinen kompetenten und leidenschaftlichen Predigten und Ansprachen habe Martini der Kirche die christlichen Schriften immer mehr eröffnet, besonders durch die Förderung der Meditation über Bibeltexte
Auch habe der Kardinal seine lange Krankheit gelassen und vertrauensvoll dem Willen Gottes anvertraut, so der Papst
Im Jahr 1927 in Turin geboren, machte Martini die steile Karriere eines Jesuiten-Gelehrten
Mit 17 Jahren trat er in den Orden ein, studierte in Gallarate und Chieri und erwarb zwei Doktorgrade mit der Bewertung "Summa cum laude": einen in Theologie an der Päpstlichen Gregoriana-Universität und einen weiteren im Fach Exegese am Bibelinstitut in Rom. Beiden Einrichtungen blieb er verbunden: Bis 1978 war er Rektor des Bibelinstituts, dann folgte der Ruf in das Rektorenamt an der Gregoriana
Es war eine Überraschung, als Johannes Paul II. den Bibelforscher aus seiner wissenschaftlichen Arbeit riss und ihm die Leitung der Erzdiözese Mailand anvertraute. Der Papst selber erteilte ihm im Januar 1980 die Bischofsweihe, drei Jahre später erfolgte die Aufnahme in das Kardinalskollegium. Bis Juli 2002 übte Martini sein Hirtenamt aus. Nach dem altersbedingten Rücktritt zog es ihn zur Meditation und zu exegetischen Studien nach Jerusalem, bis ihn seine Krankheit 2008 zur Rückkehr nach Italien zwang
Martini galt als Mann des Dialogs und der Öffnung für die moderne Welt. Als junger Dekan des Bibelinstituts lernte er 1974 die Gemeinschaft Sant'Egidio kennen und verbrachte in dieser Zeit einen Nachmittag der Woche mit Armen und Notleidenden in den Außenbezirken der Stadt. Über Sant'Egidio kamen bald Begegnungen mit Vertretern anderer Konfessionen und Religionen hinzu: Juden, Orthodoxen, Protestanten und Muslimen - und schließlich, in den achtziger Jahren, mit einer Welt, die immer mehr zum Adressaten seiner Bücher werden sollte: die der Atheisten und Nicht-Glaubenden. Martini wurde so zum Inbegriff des "modernen" Bischofs, der Gräben überwinden und Dialoge führen kann. Später, als Bischof und Kardinal, war er stets einer der wichtigsten Referenten, wenn in Rom Jungbischöfe aus aller Welt zusammenkamen, um nach ihrer Weihe in die Besonderheiten ihres neuen Amts eingeführt zu werden. Als Kardinal - sein Maximum an Popularität erlebte er als Präsident des Rats der Europäischen Bischofskonferenzen von 1986 bis 1993 - hatte Martini das Gewicht erreicht, um in den - auch säkularen - Medien sein eigenes Lehramt zu verbreiten: Wenn er etwa erklärte, dass man Euthanasie nie zulassen dürfe, aber niemanden verurteilen könne, der einem kranken und unwürdigen Leben ein Ende bereite
Oder wenn er über die rechtliche Anerkennung homosexueller Partnerschaften nachdachte
Papst Wojtyla ging das schließlich zu weit und er sorgte dafür, dass Martini keine weitere Amtszeit an der Spitze des Rats der Europäischen Bischofskonferenzen absolvieren konnte. Doch bei der römischen Bischofssynode von 1999 zur Lage Europas nach dem Mauerfall holte der Mailänder Kardinal dann kräftig aus. Martini präsentierte den Synodenvätern seinen "Traum": Es war der Traum von einem weiteren Konzil, das den Mut haben würde, auch die dornenreichen Fragen zu diskutieren: "Die Communio-Ekklesiologie des Zweiten Vatikanums, die kollegiale Teilhabe der Bischöfe an der Leitung der Weltkirche, die dramatische Lage der Priester, die Rolle der Frau in der Gesellschaft und in der Kirche, die Teilhabe der Laien an einigen Verantwortlichkeiten der Amtsträger, das Thema der Sexualität, die kirchliche Ehedisziplin, die Ökumene und die Beziehungen zu den Schwesterkirchen der Orthodoxie." Martini war also kein Mann des Syllabus oder des Antimodernisteneids. Er wollte keine Wagenburg, sondern die dialogische Öffnung. Er war ein "Moderner" in der Kirche, der das Zweite Vatikanische Konzil im Sinne der innersten Intentionen und Visionen Pauls VI. weiterführen wollte: Dass die katholische Kirche wieder zum anerkannten und gehörten Gesprächspartner für die säkulare Welt des Westens wird, die ihre christlichen Wurzeln vergessen hat. In diesem Sinne war Martini unter den Pontifikaten Wojtylas und Ratzingers ein Art Gegenpapst. Aber er war loyal. Eine eigene Martini-Kirche hat er nicht gegründet. Und die beiden letzten Päpste haben das am Ende dann doch geschätzt. 2003, zum 25. Jahrestag seiner Wahl zum Papst, schenkte Johannes Paul II. allen in Rom anwesenden Kardinälen ein exegetisches Werk von Kardinal Martini-mit einem Vorwort von Kardinal Ratzinger
Seine letzte Entscheidung war die, die Einführung einer Magensonde und andere lebensverlängernde Maßnahmen der Mediziner abzulehnen. So kam sein Tod nicht überraschend, aber schnell. Die Konzilskirche hat einen ihrer großen Protagonisten verloren


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