Rom: In der St. Bartholomäusbasilika wurde die Stola von Ragheed Aziz Ganni übergeben, einem in Mosul im Irak getöteten chaldäischen Priester
2. Juni 2011
Seit gestern ist die St. Bartholomäusbasilika auf der Tiberinsel, der Gedenkort an die christlichen Märtyrer unserer Zeit, den Johannes Paul II. der Obhut der Gemeinschaft Sant'Egidio anvertraut hat, um eine wertvolle Reliquie reicher: Es ist die Stola des katholischen chaldäischen Priesters Ragheed Aziz Ganni aus Mosul im Irak, der in seiner Stadt gemeinsam mit drei Subdiakonen seiner Kirche, der größten christlichen Kirche des arabischen Landes, am 3. Juni 2007 ermordet wurde.
Es war vor vier Jahren am Abend des Pfingstsonntags, als Pater Ragheed gerade die Messfeier in seiner dem Heiligen Geist geweihten Pfarrei mitten im Zentrum von Mosul beendet hatte. Da wurde er mit seinen drei Begleitern überfallen und kaltblütig ermordet. Die Mörder stellten dann mit Bomben beladene Autos um die Leichen, damit sich niemand nähern konnte.
Seit Jahren war die Pfarrei von Pater Ragheed im Visier der Terroristen. Wenige Tage vor seinem Tod hatte er gesagt: "Die Priester halten die Messe mitten in den Ruinen der Bomben. Die besorgten Mütter sehen zu, wie ihre Kinder der Gefahr trotzen und begeistert zum Katechismus gehen. Die Alten kommen und vertrauen Gott die aus dem Irak fliehenden Familien an, den sie jedoch nicht verlassen wollen, denn sie haben ihre Häuser im Schweiß vieler Jahre errichtet und sind hier tief verwurzelt"
Pater Ragheed war ein mutiger Priester, 35 Jahre alt und hatte am Angelicum in Rom Theologie studiert. Während seines Romaufenthalts hatte er die Gemeinschaft Sant'Egidio kennen gelernt und mit ihr in der Region Colle Oppio jede Woche Essen an Obdachlose verteilt. Dort traf er viele arme Landsleute, die wegen des Krieges und der Diskriminierung aus ihrem Land geflohen waren. Als er 2003 in seine Stadt Mosul in den Irak zurückkehrte, begann er sofort eine "freie Vereinigung" in einem gequälten Land aufzubauen. Voll Hoffnung sprach er darüber, organisierte Theologiekurse für Laien, arbeitete mit Jugendlichen und tröstete bedürftige Familien. Er hatte die Kontakte nach Rom nicht aufgegeben und ein Kind mit einem schlimmen Augenleiden zur Behandlung dorthin geschickt. Die vielen Attentate auf Freunde und Verwandte und die Flucht vieler Christen hatten ihn nicht entmutigt.
Die ersten Monate 2007 waren schrecklich: wiederholte Attentate, Entführungen von Priestern, eine Pflichtsteuer für die Christen, um in der Stadt bleiben zu können, sehr schwierige Kommunikationsmöglichkeiten. Dann wurden in wenigen Wochen zwei Bomben auf seine Pfarrei vom Heiligen Geist geworfen. Unter diesen Umständen spürte Pater Ragheed die Kraft der Eucharistie, der er seine Gemeinde anvertraute: "Ohne Sonntag, ohne die Eucharistie können die Christen im Irak nicht leben". Im Mai 2005 hatte er in Bari beim eucharistischen Kongress gesagt: "Die Terroristen wollen das Leben rauben, doch die Eucharistie schenkt es uns zurück (...) Manchmal fühle ich mich schwach und bin voller Angst. Wenn ich dann mit der Eucharistie in der Hand die Worte sage: Seht, das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt, dann spüre ich in mir seine Kraft: Ich halte die Hostie in Händen, doch in Wahrheit hält er mich und uns alle in Händen, er fordert die Terroristen heraus und vereint uns in seiner grenzenlosen Liebe".
Gestern waren seine alten Eltern in der St. Bartholomäusbasilika und brachten in einer Prozession die Stola des Sohnes, die für die Gläubigen zur Verehrung in der Kapelle der Märtyrer aus Asien, Ozeanien und dem Nahen Osten ausgestellt wurde. Es war eine bewegende Feier, der Erzbischof Nona von Mosul vorstand und die durch die Gegenwart vieler Freunde von Sant'Egidio bereichert wurde. Der Bischof ist der Nachfolger von Bischof Paulos Faraj Rahho, dessen Sekretär Ragheed gewesen war. Sieben Monate später wurde auch sein Blut mit dem seines jungen Mitarbeiters in der Hingabe des Lebens vereint.