Es ist wohl die friedfertigste und ruhigste Demonstration in Würzburg: Der alljährliche Friedensmarsch, der seit 16 Jahren traditionell am Neujahrsnachmittag in der Innenstadt für wenig Wallung sorgt, dessen Ansinnen und Symbolik aber kaum größer sein könnte.
Frieden auf Erden
„Wir haben unserer Stadt gezeigt, wofür wir in diesem Jahr Hoffnung haben“, sagte Claudia Kaufhold von der Glaubensgemeinschaft Sant'Egidio heuer, „nämlich Frieden auf Erden.“ In Würzburg sei er seit langem da – trotz einer schlimmen Vergangenheit. „Warum soll er nicht auch anderswo möglich sein, wo es noch Krieg gibt?“
Die Realität zeigt indes, dass Frieden in vielen Regionen der Erde derzeit (nahezu) unmöglich erscheint. Die rund 100, von Altersstruktur und Nationalität bunt gemischten Demonstranten hielten mehr als 40 Schilder hoch. Darauf waren Länder geschrieben, in denen kriegerische Zustände statt friedvollem Zusammenleben vorherrschen: der Kongo, Jemen, Libyen, Irak, Mali, Nordkorea,... „Krieg ist total sinnlos“, drückte sich Kaufhold später aus. „Die Zustände sind hinterher immer schlechter als vorher.“
Neueuropäer statt Flüchtlinge
Leidtragende von gewalttätigen Auseinandersetzungen in ihren Heimatländern waren auch diesmal ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Bestandteil des Würzburger Friedenszuges: Schließlich haben die Geflüchteten den Schrecken von Kriegen teils am eigenen Leib erfahren. Kaufhold nannte sie bewusst nicht „Flüchtlinge“, sondern „Neueuropäer“, die es aufzunehmen, zu schützen, zu fördern und zu integrieren gelte. Diese vier Handlungen sind an die Botschaft von Papst Franziskus zum diesjährigen Weltfriedenstag angelehnt.
Im Würzburger Appell heißt es weiter: „Machen wir uns den Wunsch des Papstes zu eigen,,dass wir alle zu einer einzigen Familie [gehören], Migranten und die sie aufzunehmenden Gastvölker, und alle dasselbe Recht [haben], die Güter der Erde zu nutzen, deren Bestimmung allgemein ist.‘"
Vor 50 Jahren
1968 – also genau vor 50 Jahren – ist die Bewegung des Weltfriedenstags, die sich an die ganze Welt richtet, aus der Taufe gehoben worden. Am Ende der Würzburger Aktion wurde der Appell in mehreren Sprachen verlesen, nacheinander in Deutsch, Persisch, Arabisch, Russisch, Armenisch und in einer äthiopischen Sprache. Anschließend konnten ihn die Beteiligten unterzeichnen.
Das alles ist eine schöne Symbolik, reicht aber natürlich noch lange nicht aus, um ein friedliches Zusammenleben zu erreichen. „Frieden kommt nicht von alleine“, gab Kaufhold zu bedenken: „Er entsteht in unseren Herzen und muss uns gegenseitig erfassen.“ Und das funktioniere immer noch am besten im regen Austausch und in engen Freundschaften.
Jörg Rieger
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