Wege zum Frieden: Wichtiges Abkommen über Frieden und Versöhnung in Guinea Conakry. Heute wurde in Sant'Egidio in Rom der "Appell von Rom für die Zukunft Guineas" unterzeichnet
28. Mai 2010
Nach einigen Tagen der Begegnung am Sitz der Gemeinschaft Sant'Egidio in Rom wurde ein wichtiges Abkommen unterzeichnet, um einen demokratischen und friedlichen Übergang in Guinea Conakry zu garantieren, wo am 27. Juni 2010 Präsidentschaftswahlen stattfinden.
Durch die Wahlen hat Guinea die Möglichkeit, eine lange Periode politischer Instabilität zu beenden und eine demokratische und friedliche Zukunft einzuleiten. Dieses Ziel erfordert den Einsatz aller politischen Institutionen und der Zivilgesellschaft.
Deshalb haben sich die Vertreter des nationalen Übergangsrates von Guinea Conakry, des Rates der lebendigen Kräfte, des Wirtschafts- und Sozialrates der nationalen Allianz für Erneuerung und des Blocks der patriotischen Kräfte Guineas als Gäste der Gemeinschaft Sant'Egidio versammelt und folgendes Abkommen unterzeichnet, das hier vollständig wiedergegeben ist:
(Übersetzung von www.santegidio.org) Fotos von den Gesprächen. Gallerie >>
1. Wir erkennen an, dass die Präsidentschaftswahlen vom 27. Juni 2010 einen entscheidenden Fortschritt für Guinea darstellen. Die im Verlauf der Übergangsphase von allen Organen des Übergangs eingegangenen Verpflichtungen bilden die Voraussetzung für einen friedlichen, regulären, transparenten und fairen Wahlkampf.
2. Wir verpflichten uns, dass wir unsere Parteien und Organisationen - sowohl bei den Präsidentschaftswahlen als auch bei den folgenden Parlamentswahlen - zu einem Wahlkampf in friedlicher Atmosphäre nach den Regeln eines angemessenen Dialogs anhalten werden. Wir verpflichten uns, alle Arten von Gewalt zu meiden, die eine freie Verbreitung politischer Vorstellungen behindern oder zu Spaltungen in der Gesellschaft führen. Insbesondere lehnen wir nachdrücklich alle Art von Propaganda ab, die zu Gewalt, Hass, ethnischen Konflikten oder Religionskämpfen aufruft.
3. Insbesondere verpflichten wir uns, dass:
- die vom Obersten Gerichtshof bestätigten Wahlergebnisse im ganzen Land akzeptiert und respektiert werden;
- alle Streitigkeiten einvernehmlich nach den verfassungsrechtlichen Vorschriften geregelt werden;
- der Sieger den demokratischen Geist und den Status der Opposition respektiert.
4. Im Bewusstsein, dass in dieser Phase des nationalen Lebens eine Wende zur nationalen Einheit nötig ist, haben wir den Wunsch, dass:
- der neue gewählte Präsident die ganze Nation mobilisiert, um den Übergang zu besten Bedingungen mit einer offenen Regierung zuende führt;
- er möglichst bald friedliche Parlamentswahlen durchführt und eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Nationalen Übergangsrat herstellt.
5. Wir verpflichten uns, eine gute Regierung zustande zu bringen und sind uns bewusst, dass das vorwiegende Interesse der Nation und ihre Entwicklung Prioritäten sind, die zum Programm aller politischen Parteien und der Organisationen des gesellschaftlichen Lebens gehören.
Die aktuelle Lage macht eine verstärkte politische Zusammenarbeit ratsam. Wir appellieren daher an die Siegerparteien der kommenden Parlamentswahlen, dass sie die anderen nicht beim Wiederaufbau der politischen Institutionen und der Wirtschaft des Landes ausschließen.
Daher wünschen wir uns, dass die verantwortlichen Posten in den Institutionen, vor allem der Vorsitz in den Parlamentskommissionen und die Präsidentschaft des Parlaments einsichtig und fair verteilt werden.
6. Im Bewusstsein, dass die nationale Versöhnung längere Zeit erfordert und das ganze Volk Guineas einbeziehen muss, und angesichts des ganzen Prozesses, der über die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen hinausgeht, bitten wir um die Einrichtung eines Nationalen Versöhnungsrates, in dem alle Bereiche der guineanischen Gesellschaft vertreten sind, damit er auf der Grundlage der Arbeit des Nationalen Übergangsrates (CNT) und insbesondere seiner Versöhnungskommission, sowie von Solidarität und Menschenrechten eine nationale Versöhnung herbeiführt.
7. Der Nationale Versöhnungsrat soll als dauerhaftes Beratungs- und Dialoggremium für alle Beteiligten der guineanischen Gesellschaft dienen, für Politiker, Religionsführer, Wirtschaftsvertreter und die Zivilgesellschaft. Er soll Strategien für einen dauerhaften Dialog, für die Bewahrung des Friedens und des Zusammenlebens der politischen Kräfte, der Verteidigungs- und Sicherheitskräfte und der Zivilgesellschaft, für die Identifizierung, für eine Wiedergutmachung für die Opfer, sowie für eine Entschädigung und einen Ausgleich in Folge der Willkürurteile in der Zeit von 1958 bis heute ausarbeiten.
8. Wir bringen unseren Dank zum Ausdruck und beglückwünschen die Gemeinschaft Sant'Egidio für die Anstrengungen im Rahmen des nationalen Dialogs und bitten sie, weiterhin mit dem Volk Guineas und seinen Verantwortungsträgern an diesem Prozess teilzunehmen und eine Partnerschaft mit dem Nationalen Übergangsrat zu vereinbaren.
Unterzeichnet in Sant'Egidio am 27. Mai 2010