Münster - Applaus und warme Worte für die Kanzlerin: Beim Friedenstreffen der Gemeinschaft Sant’Egidio am Sonntag in Münster hat Angela Merkel Lob für ihr Handeln „in dem schwierigen Jahr 2015“ bekommen. In ihrer Rede skizzierte die Gelobte, wie es in der Flüchtlingspolitik weitergehen soll.
Auch Applaus ist ein wirksames Statement. Als der münsterische Bischof Felix Genn die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin Angela Merkel „in dem schwierigen Jahr 2015“ lobt, da hallt ein deutlicher und anhaltender Applaus durch die Halle Münsterland.
Die Mitglieder und Freunde der internationalen Gemeinschaft Sant‘Egidio sowie die zahlreichen Festgäste geben klar zu erkennen, wie sie über das Thema Migration denken. Trotz aller Widerstände, spricht Genn weiter, sei die Kanzlerin „nicht von ihrer Überzeugung abgewichen, für Menschen, die vor Terror, Krieg, Gewalt, Hunger und vielfältigen Notsituationen fliehen, vorübergehend oder bleibend eine Aufnahme zu bieten“.
Merkel skizziert künftige Flüchtlingspolitik
Bis Dienstag will die internationale Gemeinschaft Sant’Egidio bei ihrem Treffen in Münster und Osnabrück nach „Wegen des Friedens“ suchen. Merkel, die als Ehrengast an der Eröffnungsveranstaltung am Sonntag teilnimmt, hört bei der Genn-Rede genau zu, geht in ihrer anschließenden Rede vor 2500 Zuhörern aber nicht auf dieses Lob ein.
Vielmehr dankt sie – mit der ihr eigenen Nüchternheit – der in Italien entstandenen Friedensbewegung für die „Schaffung humanitärer Korridore“ in der Welt, formuliert ein Plädoyer für die Einheit Europas – und skizziert ansonsten die Eckpunkte ihrer Flüchtlingspolitik: „Legale Wege“ der Zuwanderung für Schutzbedürftige lautet das eine Stichwort. Bekämpfung der Fluchtursachen durch Hilfen, insbesondere für Afrika, lautet das andere. Merkel verteidigte die Flüchtlingsabkommen mit der Türkei und Libyen. Sie dienten dem Ziel, Schlepperbanden das Handwerk zu legen. Selbstkritisch fügte die Kanzlerin aber hinzu, dass die „menschenrechtlichen Bedingungen in Libyen teilweise katastrophal“ seien. Für Schutzbedürftige müsse es unverändert „legale Wege“ nach Europa geben.
Traum von „spiritueller Einigung der Welt“
Nur an einer Stelle in ihrer Rede improvisiert sie etwas. Nämlich als sie einen Satz von Andrea Riccardi aufgreift, Gründer der Gemeinschaft Sant’Egidio: „Die Globalisierung braucht eine Seele.“
Angela Merkel ist nun wahrlich nicht die Einzige, die sich beeindruckt zeigt von dem italienischen Historiker, der in der Halle Münsterland von der „spirituellen Einigung der Welt“ träumt. Während sich die Wirtschaft voll auf die Globalisierung eingestellt habe, so Riccardi, bewegten sich die Religionen „innerhalb ihrer traditionellen Horizonte“.
Vorbild Reformation
An die Repräsentanten der 40 vertretenen Religionsgemeinschaften und Konfessionen appelliert er, „dass die Globalisierung auch ein Abenteuer des Geistes und des Glaubens ist“.
Als Vorbild nennt er in diesem Zusammenhang die Reformation vor 500 Jahren – ein „spirituelles Ereignis“, mit dem das Christentum auf einen grundlegenden Wandel reagiert habe.
Mit Spannung erwartet wird bei dem Friedenstreffen die Rede des Präsidenten des Niger, Mahamadou Issoufou. Sein Land spielt in der Flüchtlingskrise eine zentrale Rolle. Issoufou benennt die soziale Ungleichheit als die Wurzel vieler Konflikte.