Das Christentum braucht nach Worten von Papst Franziskus auch heute Märtyrer. Nötig seien Heilige im Alltag, sagte er am Samstag in Rom. Zudem prangerte er die Zustände in Flüchtlingslagern an und verglich sie mit Konzentrationslagern.
Das lebendige Erbe der Märtyrer gebe den Christen der Gegenwart Frieden und Einheit. Ihr Vorbild lehre, dass man mit der Kraft der Liebe gegen Gewalt und Krieg kämpfen könne, so Franziskus.
Anlass der Äußerungen war ein Gottesdienst zum Gedenken an die Märtyrer des 20. und 21. Jahrhunderts in der Kirche San Bartolomeo auf der Tiberinsel. Organisiert wurde er von der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio.
Als Beispiel für eine moderne Märtyrerin nannte Franziskus eine Frau, die von offenbar islamistischen Terroristen getötet wurde, weil sie ein Kruzifix trug und ihrem Glauben nicht abschwören wollte. Ihr muslimischer Ehemann sei danach mit den drei Kindern geflohen und habe ihm während seines Besuchs auf der Insel Lesbos davon berichtet, so der Papst. Diese namentlich nicht bekannte Frau fügte der Papst den modernen Märtyrern hinzu, an die in San Bartolomeo erinnert wird.
Kritik an Zuständen in Flüchtlingslagern
Im Gottesdienst sprach unter anderen Roselyn Hamel, Schwester des 2016 von Islamisten ermordeten französischen Priesters Jacques Hamel. Auch Karl Schneider, Sohn des evangelischen Pfarrers und NS-Gegners Paul Schneider (1897-1939), der 1939 von Nationalsozialisten im NS-Konzentrationslager Buchenwald getötet wurde, hielt eine kurze Ansprache.
Papst Franziskus prangerte während des Gottesdienstes außerdem Zustände in Flüchtlingslagern mit scharfen Worten an. Viele von ihnen seien wie "Konzentrationslager, mit dieser Masse von Leuten", sagte er. Namentlich nannte er das Flüchtlingsaufnahmezentrum auf der griechischen Insel Lesbos, das er im April 2016 besucht hatte. Zugleich kritisierte der Papst, dass im Umgang mit Flüchtlingen internationale Abkommen oft wichtiger seien als die Menschenrechte. Anschließend traf Franziskus mit einer Gruppe von Flüchtlingen zusammen, die über sogenannte humanitäre Korridore legal nach Italien eingereist sind.
"Was braucht die Kirche heute?"
Ursache für die Christenverfolgungen von der Antike bis zur Gegenwart sei, so der Papst weiter, dass die Menschen von Jesus gerettet wurden, der "Fürst der Welt" dies aber verhindern wolle. "Wie oft haben wir in schwierigen Momenten der Geschichte den Satz gehört: Das Vaterland braucht Helden. Ebenso können wir uns fragen: Was braucht die Kirche heute?"
Sant'Egidio betreut die Kirche San Bartolomeo, die von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) im Jahr 2002 dem Gedenken an moderne Märtyrer unterschiedlicher Konfessionen gewidmet wurde.