Wir stehen vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit
vor einer Pandemie globalen, weltweiten Ausma�es: Denn, so weit wir
wissen, hat noch nie eine Epidemie zur gleichen Zeit den ganzen
Erdball betroffen und dazu f�r eine so lange Zeit. Die
Choleraepidemien, die Pocken und die Pest, unter denen Europa,
Lateinamerika, Afrika und Asien litten, stellten momentane
Katastrophen dar, die mehr oder weniger �rtlich begrenzt waren, auch
wenn sie erschreckend viele Tote forderten. AIDS wirkt in seiner
Tendenz sicherlich langsamer, daf�r aber durchdringender, indem es in
verschiedene Gesellschaften eindringt und unterschiedliche Kennzeichen
je nach Kultur annimmt. Auch dies ist sicherlich ein - wenn auch
ungewolltes - Ergebnis der Globalisierung. UNAIDS, eine Beh�rde der
Vereinten Nationen, die die verschiedenen Initiativen gegen die
Krankheit verbindet und koordiniert, sch�tzt, dass im Jahr 2000 auf
dem ganzen Erdball 36,1 Millionen Menschen infiziert wurden, davon 1,4
Millionen Kinder unter 15 Jahren. Allein im Jahr 2000 sind 3 Millionen
Personen an AIDS gestorben, davon 500.000 Kinder. Man kalkuliert, dass
seit Ausbruch der Epidemie 21,8 Millionen Erwachsene und Kinder
gestorben sind.
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AIDS
und Afrika
Demographische
Auswirkungen von
AIDS in Afrika
Sozio-�konomische
Auswirkungen
von AIDS
Welche Zukunft
hat Afrika?
Bibliographie |
Es handelt sich um erschreckende Zahlen, die - n�her betrachtet - an die
Zahlen eines Weltkriegs erinnern. Da in Afrika die Auswirkungen fast aller
Infektionskrankheiten durch eine einzige Erkrankung, n�mlich AIDS,
verschlimmert werden, und die Sterblichkeit unter den AIDS-Kranken beinahe
100% betr�gt, k�nnen wir angesichts der Zahl der Todesf�lle besser verstehen,
welche Dimensionen die Immunschw�chekrankheit erreicht hat und in den
n�chsten zwanzig Jahren annehmen wird. Es ist auch klar, dass die Pandemie,
trotz des weltweiten Ausma�es, heute ein wesentlich afrikanisches Problem
darstellt, da zwei Drittel der Kranken und Infizierten (�ber 25 Millionen)
in diesem Kontinent leben.

30.000fach vergr��erte
Abbildung von Virusteilchen
auf einem Lymphozyten
Der Ursprung der Immunschw�chekrankheit bleibt in weiten Teilen unsicher und
hat eine Polemik entfacht, die auch heute noch westliche und afrikanische
Wissenschaftler voneinander unterscheidet. Zahllose Hypothesen nennen als
Grund verschiedene Faktoren: entweder den �bertritt des HI-Virus vom Tier
zum Mensch, die Virulenz des Krankheitserregers, oder aber die Vermischung
zwischen afrikanischem genetischen Material und jenem, das aufgrund von
Handelsverbindungen von anderen Kontinenten kam. Man kann aber zweifellos
feststellen, dass sich die Epidemie analog zu anderen Epidemien in der
Geschichte in einem Kontext ausgebreitet hat, in dem eine ganz bestimmte
Trennung aufgehoben worden ist, wie es f�r Siphilis und die Pocken beim
tragischen Aufeinandertreffen der Europ�er mit den Kulturen Lateinamerikas
der Fall gewesen ist. Der Ursprung der Epidemie ist also dort zu suchen, wo
eine bestimmte Begrenzung aufgehoben wird, wie sie die Grenze Mensch/Tier
oder das Ende der Isolierung alter und kleiner menschlicher Siedlungen
darstellen oder aber auch die Einf�hrung von biologischen Wirkstoffen und
genetischem Material, das von anderen Kontinenten kommt.
Die �bertragung des Virus geschieht bekanntlicherweise direkt:
Geschlechtsverkehr, Mutter-Kind-�bertragung w�hrend Schwangerschaft, Geburt
und Stillzeit und der Kontakt mit infiziertem Blut oder Blutprodukten sind
die Haupt�bertragungswege von HIV. Der erste und der zweite Weg sind
wahrscheinlich die h�ufigsten in der afrikanischen Bev�lkerung; die
Infektion wird oft durch heterosexuelle Beziehungen �bertragen. Es darf aber
auch nicht die Bedeutung der �bertragung durch Nadeln, Spritzen und anderem
infizierten Material im Gesundheitsbereich unterbewertet werden. W�hrend in
Europa und den Vereinigten Staaten eine S�ttigungsgrenze innerhalb der
Risikogruppen (vor allem Drogenabh�ngige und Bisexuelle) erreicht ist, und
sich die allgemeine Bev�lkerung nur begrenzt daf�r interessiert hat, ist
klar, dass das Potential innerhalb der afrikanischen Bev�lkerung, wenn man
alle sexuell aktiven Personen ber�cksichtigt, enorm ist und bleibt.
Es ist ferner interessant und eine Eigenheit von AIDS, dass die Erkrankung
im Wesentlichen junge Erwachsene betrifft. Es darf aber auch nicht vergessen
werden, dass ebenfalls viele Kinder betroffen sind. In Europa und den
Vereinigten Staaten war die Krankheit bis zur Etablierung neuer
Therapiem�glichkeiten die Haupttodesursache bei den 19- bis 39-J�hrigen,
nachdem f�r einige Zeit die Anzahl der Todesf�lle ungef�hr gleich hoch war
wie die aufgrund von Verkehrs- und Arbeitsunf�llen. Mittlerweile hat sie
diese weit �bertroffen. In der westlichen Welt sind mehr M�nner als Frauen
betroffen (60 % der F�lle), w�hrend in Afrika mehr Frauen an HIV/AIDS
erkrankt sind. Die Tabelle unten zeigt die Daten von UNAIDS Ende 1999.
Ein viertes Element, um die Epidemie zu
definieren, betrifft ihre Ausbreitung. Der Trend zeigt einen Stillstand im
Westen und in Lateinamerika, auch dank der immensen Reduzierung der
Sterblichkeit durch neue Therapiem�glichkeiten, w�hrend sie sich in einigen
afrikanischen und asiatischen L�ndern weiter ausbreitet. In weniger als 5
Jahren n�mlich gab es im Westen und in Lateinamerika eine Erh�hung um 40 %,
in Afrika und Asien um mehr als 100 %! Das relative Stagnieren der
Ausbreitung der Infektion (im Jahr 2000 "nur" 3,8 Millionen neuer F�lle im
Vergleich zu 4 Millionen im Jahr 1999) geht leider auf die Tatsache zur�ck,
dass ein gro�er Teil der sexuell aktiven Bev�lkerung bereits HIV-positiv
ist. Ein Bericht von UNAIDS vom Juni 2000 unterstreicht, dass nicht weniger
als ein Drittel der heute F�nfzehnj�hrigen in den Entwicklungsl�ndern in den
n�chsten Jahren an AIDS sterben wird. Der gr��te Teil dieser Menschen wird
unvermeidlich aus Asiaten und Afrikanern bestehen.

Abbildung 1
Pr�valenz der HIV-Infektion

Abbildung
2
Pr�valenz der AIDS-F�lle
(Quelle: UNAIDS)
Zum besseren Verst�ndnis der Verbreitung von AIDS in Afrika, machen die
Abbildungen 1 und 2 die geographische und die zeitliche Verteilung zwischen
1991/2 und 1994/5 deutlich. Man sieht, wie das "Herz" der Epidemie, das in
den zentralafrikanischen Regionen liegt, sich mit unterschiedlichen Rhythmen
nach Westen und S�dosten ausweitet. Die Ausbreitung h�ngt oft mit den
politisch-milit�rischen Gegebenheiten zusammen, die eigentlich mit der
Krankheit nichts zu tun haben. Zum Beispiel kann man eine starke
Beschleunigung f�r �thiopien und Namibia feststellen, die einfach damit
zusammenh�ngt, dass beide L�nder nach Beendigung innerer Konflikte ein
effektiveres System zur Gesundheitserziehung einf�hren konnten. Es ist
wahrscheinlich, dass auch andere L�nder wie Somalia, Angola, Liberia und
Mosambik in der n�chsten Zukunft in diese Phase �bergehen werden.
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