Demographische Auswirkungen von AIDS in Afrika
AIDS wurde als langfristige Katastrophe beschrieben, deren
Auswirkungen sich wie konzentrische Sto�wellen zeigen werden,
ausgehend vom ersten Auftreten der Erkrankung. Unter demographischen
Gesichtspunkten macht dieses Bild deutlich, dass man �ber die
unmittelbaren Mortalit�ts-Daten hinaus, die direkt mit der Krankheit
in Verbindung stehen, auch die indirekten Auswirkungen auf das
Bev�lkerungswachstum in die Bewertung mit einbeziehen muss. Die
Krankheit betrifft n�mlich haupts�chlich junge Erwachsene, die
sexuell aktiv und in fortpflanzungsf�higem Alter sind. Das
Verschwinden oder die Verringerung dieser Bev�lkerungsgruppe
bedeutet eine Reduzierung der Lebenserwartung und eine Verlangsamung
des Bev�lkerungswachstums. Eine Studie der
Weltbank,
die auf den Daten der WHO zur Sch�tzung der Verbreitung der
HIV-Infektion beruht, verdeutlicht, dass:
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AIDS
und Afrika
Demographische
Auswirkungen von
AIDS in Afrika
Sozio-�konomische
Auswirkungen
von AIDS
Welche Zukunft
hat Afrika?
Bibliographie |
- AIDS die momentan konsolidierte Tendenz zur Senkung der Sterblichkeit
umdrehen wird: sie wird sich von 1,48 % im Jahr 1985 auf 1,64 % im Jahr 2010
erh�hen. Ohne die Folgen von AIDS w�re eine Sterblichkeit von 0,84 % zu
erwarten gewesen;
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AIDS die erste Todesursache bei Kindern unter 5 Jahren sein wird, noch vor
Durchfallerkrankungen und Malaria. Die Kindersterblichkeit wird von 10,12 %
auf 10,47 % im Jahr 2010 steigen, w�hrend sie aufgrund der r�ckl�ufigen
Entwicklung auf 6,13 % sinken w�rde;
- infolgedessen das j�hrliche Bev�lkerungswachstum von 3,5 % auf 2,4 % im
Jahr 2010 zur�ckgehen wird, w�hrend es ohne AIDS etwa 3 % betragen w�rde;
- die durchschnittliche Lebenserwartung von 51,5 Jahren auf 47,1 Jahren im
Jahr 2010 sinken wird. Ohne AIDS w�rde sie auf 61,4 Jahre ansteigen.
Einige dieser Auswirkungen sind schon heute bedeutsam. In Mosambik zum
Beispiel betrug im Jahr 1999 die Lebenserwartung 39 Jahre. Ohne die
Auswirkungen von AIDS l�ge sie bei etwa 50 Jahren. Wenn man nicht in
wirkungsvoller Weise eingreift, wird die Lebenserwartung im Jahr 2010 auf
35,9 Jahre zur�ckgehen im Vergleich zu einem erwarteten Wert von 52 Jahren
ohne die Auswirkungen der Epidemie. In anderen Worten ausgedr�ckt: AIDS
wird die Mosambikaner durchschnittlich um ein Drittel ihrer Lebenszeit
betr�gen. In Botswana liegt die Lebenserwartung aus demselben Grund bei
44 Jahren, w�hrend sie bei etwa 65 Jahren h�tte sein k�nnen. Die Benutzung
von ausgekl�gelten mathematischen Modellen, die die Wahrscheinlichkeit der
�bertragung der Infektion von einem HIV-positiven Mann auf eine gesunde Frau
oder umgekehrt, der �bertragung Mutter/Kind und das sexuelle Verhalten der
untersuchten Bev�lkerung wie Zahl der Partner und Grad der Aktivit�t
ber�cksichtigen, zeigt, dass die Epidemie immer mehr auf j�ngere
Altersgruppen �bergeht: Die neuen F�lle bestehen zu drei Vierteln aus
Personen unter 25 Jahren. Es ist klar, dass der Tod dieser Menschen in
sp�rbar st�rkerer Weise die Lebenserwartung beeinflussen wird.
Die Zahlen sind aussagekr�ftig, auch wenn man sich vergegenw�rtigt, welch
gro�e Schwierigkeiten es gibt bei der Darstellung der Pandemie in Afrika
aufgrund der �rmlichen Ausstattung der Informationssysteme und des
Gesundheitswesen, wegen der Schwierigkeiten bei der Diagnose und der
Tatsache, dass viele keinen Zugang zu Krankenh�usern und Gesundheitszentren
haben. Die Darstellung gr�ndet sich fast ausschlie�lich auf
Stichprobenstudien, w�hrend die offiziellen Mitteilungen weiterhin gerade
ein Zehntel der gesch�tzten F�lle ausmachen. Man kann sich an diesem Punkt
fragen, inwieweit der Westen all dies in Betracht gezogen hat: wir sind eine
aufmerksame und ziemlich vollst�ndige Information �ber AIDS in Europa und
den Vereinigten Staaten gewohnt, aber erst seit kurzem beinhaltet diese
Information auch Nachrichten �ber das echte und aktuelle Epizentrum des
Problems, n�mlich Afrika.
Viele Jahre lang haben die internationalen Organisationen versucht, Modelle
der medizinischen Intervention anzuwenden, die ausschlie�lich pr�ventiv
waren. Es gab l�nderbezogene Interventionen und Programme, leider nur mit
wechselndem Erfolg. Besonders schwierig war der Versuch, die �bertragung der
Epidemie auf sexuellem Weg zu verhindern. Der Weg der
Familienberatungsstellen und der empf�ngnisverh�tenden Methoden schien
n�mlich m�glich und leicht anwendbar. In Wirklichkeit aber besitzt das
Problem eine wirtschaftliche, kulturelle und soziale Komplexit�t, die keine
isolierten Schritte zul�sst, sondern integrierte Eingriffe erfordert. In
Wirklichkeit muss das Bild, das soeben �ber die Tendenzen in Afrika
gezeichnet wurde, zu einer starken Vorsicht einladen. Demographische
Ungleichgewichte in den Altersklassen sind n�mlich schon heute deutlich, und
es k�nnte gef�hrlich sein, sie anwachsen zu lassen, wie wir im Folgenden
sehen werden. Man muss auch hervorheben, dass die tiefen Gr�nde der
Ausbreitung der Pandemie auf dem schwarzen Kontinent nicht nur auf den
einzigen Weg der sexuellen �bertragung reduziert werden k�nnen. Vielmehr
wurde die Verbreitung durch objektive und spezifische Bedingungen
verschlimmert wie zum Beispiel die zahllosen Konflikte, die mit dem
Vorr�cken der Heere oft echte Schneisen f�r die Ausbreitungsrichtung der
Pandemie geschlagen haben. In diesem Zusammenhang m�ssen auch die
beeindruckenden Ph�nomene der Verst�dterung, die sozialen und kulturellen
Umw�lzungen, die damit einhergehen, und der Aufenthalt in Fl�chtlingslagern
genannt werden.
Auch die
iatrogen verursachte �bertragung, die durch �rztliche Einwirkung entstanden
und an medizinische Praktiken gebunden ist, hat sicherlich gro�e Bedeutung
gehabt: Der allgemeine Mangel an Einmalartikeln hat in der Vergangenheit
fast alle afrikanischen Gesundheitseinrichtungen dazu verleitet, die
Spritzen wieder zu verwenden. In vielen afrikanischen L�ndern ist es absolut
unm�glich, eine Bluttransfusion als "sicher" zu betrachten.
Beschneidungspraktiken oder einfach nur ein Besuch beim Friseur, der nicht
mit Einmalartikeln oder Desinfektionsmitteln ausgestattet ist, stellen
weitere wichtige M�glichkeiten der Ansteckung dar.
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"Die Welt hat die Ressourcen, um die Epidemie zu besiegen, wenn sie
es wirklich will."
Kofi Annan,
Generalsekret�r der Vereinten Nationen, Philadelphia, 30. April 2001
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Ferner haben auch die Unterern�hrung oder einige Infektionskrankheiten, wie
zum Beispiel die Tuberkulose, zu einer erh�hten Empfindlichkeit f�r AIDS
gef�hrt, weil sie die Immunabwehr schw�chen. Nicht zuletzt behaupten einige
Autoren, dass das unterschiedliche Erscheinungsbild des Ph�nomens in Afrika
in Wirklichkeit mit der Bedrohung durch Parasiten und Mikroorganismen zu tun
hat, die das Immunsystem "durcheinanderbringen" und es besch�ftigen. Diese
Tatsache w�rde die Afrikaner weitaus empfindlicher f�r den Angriff von Viren
und somit auch f�r HIV machen.
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