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Rom: Gebet mit den Roma und Sinti zum Gedenken an Mario und alle in Rom gestorbenen Romakinder in der St. Bartholomäusbasilika
Viele waren gestern in die St. Bartholomäusbasilika auf der Tiberinsel gekommen, um Marian und Emilia, den jungen Eltern des kleinen Romakindes Mario nahe zu sein, der vor einem Monat beim Brand der Baracke umkam, in der er mit seiner Familie lebte.
Liebe Brüder und Schwestern, in dieser St. Bartholomäusbasilika auf der Tiberinsel, die Johannes Paul II. zum Gedenkort der "neuen Märtyrer" des 20. und 21. Jahrhunderts gemacht hat, erklingt heute das Evangelium vom armen Lazarus und vom reichen Prasser, das wir in der Liturgie am vergangenen Sonntag gehört haben. Wir hören es noch einmal und denken an Mario, einen kleinen Roma im Alter von nur drei Jahren, der vor einem Monat bei einem Brand in der Baracke ums Leben kam, in der er mit seinen jungen Eltern Marian und Emilia schlief. Der kleine wenige Monate alte Bruder Marco Giovanni ist noch mit schweren Verbrennungen im Gemellikrankenhaus in ärztlicher Behandlung, wo um sein Leben und seine Heilung gekämpft wird.
![]() Ich danke allen und insbesondere Herrn Bürgermeister Gianni Alemanno, der sich unserem Gebet anschließt. Seine Anwesenheit sagt uns, dass der Tod von Mario im Grunde der Tod eines Römers ist und ein Schmerz für unsere Stadt.
Das kleine zerbrochene Leben von Mario stellt Fragen an uns alle. Vor Gott sind wir eine einzige Familie, denn wir alle müssen vor ihm über die Liebe Rechenschaft geben. Es ist eine Liebe, die dem Tod und dem Bösen widerstehen kann. Denn es Abgrund trennt das Schicksal Marios vom Schicksal vieler Kinder, unserer Kinder. Wie anders ist das Leben! Es ist der Abgrund zwischen dem Reichen und Lazarus, der bei den Hunden lebt.
![]() Das Evangelium betont, dass Lazarus sich nicht einmal dem Tisch nähern konnte. Die Tür des Reichen war eine unüberwindliche Grenze, weil der Reiche taub war gegenüber dem Gesetz, gegenüber Mose und den Propheten, die das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe verkünden.
Das Wort Gottes erleuchtet uns, die wir diesen Abgrund sehen, und es befreit uns von der Gleichgültigkeit des Reichen!
Die Grenze ist die vom Reichen zwischen ihm und Lazarus aufgebaute Distanz. Es gibt eine zu große Distanz zwischen der Welt der Mehrheit der Römer und dem Leben der Roma! Und die Distanz wird größer. Sie wird zur Abscheu und manchmal zur Verachtung. Kultur, Botschaft.
Jesus mahnt: Es ist gefährlich für den Reichen, sein Schicksal zu sehr von Lazarus zu trennen und ihn so anders anzusehen, dass er nichts mit ihm gemein hat. Das Purpur und ganz feine Leinen können ihn nicht vor der letzten Wahrheit schützen, dass angesichts des Todes auch er zum Bettler nach Barmherzigkeit wird.
![]() Wenn die Güter durch die Furcht, auch nur kleine Bruchstücke davon zu verlieren, verkommen, stellen sie das ganze Heil in Frage. Wenn man nicht einmal die Überreste vom Tisch denen gibt, die der Gebrechlichkeit des Lebens ausgeliefert sind, ist das ein Wahnsinn.
Der Reiche lebt, indem er sich an der Gegenwart "erfreut" und indem er die Gegenwart vergeudet, ohne an die Zukunft zu denken. Das mach ohnmächtig gegenüber dem Schicksal seiner fünf Brüder, denen er die Lehre der Gleichgültigkeit oder Verachtung gegenüber Lazarus erteilt hat. Das gilt auch für uns, wenn wir nicht die Liebe zu Lazarus lehren, der doch Betroffenheit auslöst, weil er viele Wunden trägt und unter den Hunden lebt.
Wenn die Welt unfähig ist, eine Zukunft im Mitleid aufzubauen, ist sie zum Untergang bestimmt. Was werden wir den Jugendlichen unserer Stadt sagen, die richtigerweise und mit Stolz als Hauptstadt gefeiert wird, wenn sie nicht in der Lage ist oder nicht einmal versucht, 7.000 Roma und Sinti aufzunehmen, von denen die Hälfte minderjährig ist? Alle Minderheiten haben ein Bürgerrecht in unserer Gesellschaft. Auch die Weisheit des Gesetzgebers lehrt, dass die Minderheiten umso größere Aufmerksamkeit bei der Lösung ihrer Probleme benötigen, je kleiner und schwächer sie sind.
Vor unserer Tür und vor unserem Tisch gibt es ein hilfloses Volk, das sich nicht verteidigen kann, das aus Kleinen und Kindern besteht. Die Mehrheit ist jünger als vierzehn Jahre und schon Experte im Leiden. Auf ihnen lastet ein "Stigma", das niemand von uns ertragen könnte. Wenn man sie aus dem Blick entfernt, vielleicht außerhalb des Autobahnrings, wird dann nicht nur der Abgrund vergrößert, der sie von einer würdigen Zukunft trennt, während man vorgibt "nicht zu sehen"? Die Tür unserer Stadt bleibt eine nicht zu überschreitende Grenze und damit wird auch die Schule, die Arbeit, die Wohnung ein unerreichbares Ziel.
Um unerträgliche Situationen zu beseitigen, in der auch Mario gestorben ist, muss man eine echt menschliche und erträgliche Alternative schaffen.
Gemeinsam fragen wir uns: Wie kann die Distanz überwunden werden, die zum Abgrund wird, wie können wir ihre Zukunft in Angriff nehmen?
![]() Emilia und Marian, die ihren Kindern in der Hoffnung, dass sie mit unseren Kindern aufwachsen können, italienische Namen gegeben haben, sagen wir: Wir haben euch gern, wir beten mit euch und unterstützen euch in eurem Traum für die Zukunft!
Wir wollen für die Menschen unserer Stadt nicht das Schicksal des reichen Prassers und seiner Brüder. Wir wollen auch nicht das Schicksal des Lazarus. Möge der Abgrund durch die Fähigkeit zur Liebe eingeebnet werden!
![]() Vor dem ungerechten Ende des Todes dieser Kinder möchten wir gerade ausgehend von den Kindern einen neuen Bund für die Gegenwart und die Zukunft schließen, um ihnen eine andere Zukunft zu bereiten.
In einem Land, das junge Menschen braucht, glauben wir, dass jeder mit Hilfe, Begleitung und Schutz wertvoll und unersetzlich ist und das Gemeinwohl aufbauen kann. Gemeinsam mit den Freunden der Roma und Sinti spricht heute beim Gedenken an Mario Lazarus für uns. Vater Abraham spricht für uns, bei dem auch ein verwundeter und geplagter Mensch, ein dem Leben entrissenes Kind Würde und Heil findet.
Wir alle sind dem ehrwürdigen Aufruf des Herrn gehorsam, damit nicht auch an uns wie an den Reichen die Worte gerichtet werden: "Mein Kind, denk daran, dass du schon zu Lebzeiten deinen Anteil am Guten erhalten hast, Lazarus aber nur Schlechtes. Jetzt wird er dafür getröstet, du aber musst leiden".
Leben wir die Herausforderung der Liebe, damit wie Papst Benedikt gestern beim Angelus sagte: "Gott die Armen liebt und sie aus ihrer Niedrigkeit erhöht". Beten wir. Das Gebet tröstet, es öffnet das Verständnis für Projekte des Guten, es vertreibt das Misstrauen und lässt die Liebe wachsen. Denken wir alle daran, was die Sprichwörter sagen: "Wer das Ohr vor dem Rufen des Armen verschließt, wird bei seinem eigenen Flehen keine Antwort erhalten". Amen
Mons. Marco Gnavi
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