Mönchengladbach. Bei der Aktion "Nein zur Todesstrafe" sprach der Amerikaner Bill Pelke vor Schülern der Liebfrauenschule über seinen Wandel vom Befürworter zum Gegner der Todesstrafe.
Es ist ein grausames Verbrechen, das im Mai 1985 den US-Bundesstaat Indiana erschüttert: Ruth Pelke (78) wird von vier jungen Mädchen in ihrem Haus überfallen, niedergeschlagen und mit 33 Messerstichen getötet. Die vier Schülerinnen wollten Geld erbeuten, um in einem Spielsalon Videospiele zu spielen. Sie gaben vor, an einer Bibelstunde interessiert zu sein, wurden eingelassen, begingen die brutale Tat und erbeuteten zehn Dollar und das alte Auto. Schon am nächsten Tag wurden sie verhaftet.
Bill Pelke ist der Enkel der Ermordeten. Er ist auf Einladung der christlichen Gemeinschaft Sant' Egidio im Rahmen der Aktion "Nein zur Todesstrafe" in Mönchengladbach und erzählt vor 130 Schülerinnen und Schülern der Bischöflichen Liebfrauenschule von seiner Großmutter, seiner Reaktion auf den Mord und der Kraft der Vergebung. Die Zuhörer sind tief beeindruckt: Es ist sehr still in dem vollen Raum, während Pelke spricht.
Der Mann, der sich heute mit seiner Organisation "Journey of Hope" gegen die Todesstrafe einsetzt, hat seine Großmutter sehr geliebt. "Sie hatte eine Leidenschaft: jungen Menschen die Bibel nahezubringen", erzählt er. "Als Kind war ich begeistert, wenn sie die Geschichte von der Arche Noah oder von Josef und seinen Brüdern erzählte."
Er ist dabei, als die vier Mädchen vor Gericht gestellt werden. Sie bekennen sich schuldig. Eine von ihnen, die 15-jährige Paula Cooper, wird zum Tode verurteilt. Sie ist diejenige, die das Schlachtermesser dabei hatte und zugestochen hat, immer und immer wieder. "In Indiana konnten Kinder ab zehn Jahren bei Verbrechen wie diesem wie Erwachsene behandelt und zum Tode verurteilt werden", erklärt Pelke. Beim Urteilsspruch ist er im Gerichtssaal. "Das Urteil war okay für mich", sagt er. "Der Richter tat, was er tun musste, allerdings brachte es meine Großmutter nicht zurück."
Einige Monate später aber denkt er während einer ruhigen Arbeitsschicht intensiv über seine Großmutter, ihre religiösen Überzeugungen, ihr Leben und ihren Tod nach. "Ich sah meine Großmutter mit Tränen in den Augen vor mir", erzählt er. Er betet darum, Mitgefühl für die Täterin empfinden zu können und für ihn geschieht ein Wunder. Er kann dem Mädchen vergeben und findet damit auch seine Großmutter hinter dem Bild ihres schrecklichen Todes wieder.
"Ich konnte mich wieder an den wunderbaren Menschen erinnern, der sie war." Er nimmt Kontakt zur Täterin und zu deren Großvater auf und schreibt einen Brief an die örtliche Presse, in dem er von der Todesstrafe Abstand nimmt. Nicht alle verstehen ihn. Es kommt zum Bruch mit dem Vater. Die meisten Menschen in Indiana sind sich einig im Hass auf das Mädchen. Doch der Fall erfährt weltweit viel Aufmerksamkeit. Bill Pelke tritt im italienischen Fernsehen auf, gibt Interviews, und sammelt schließlich zwei Millionen Unterschriften gegen die Hinrichtung. Er hat Erfolg: Die Todesstrafe für Paula Cooper wird tatsächlich in 60 Jahre Haft umgewandelt.
Bill Pelke gründet danach "Journey of Hope", eine Organisation, die gegen die Todesstrafe kämpft, indem sie Betroffenen ermöglicht, ihre Geschichten zu erzählen: Angehörige von Opfern, und von im Todestrakt einsitzenden Verurteilten. Es sind auch Menschen dabei, die unschuldig verurteilt wurden. "Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe wurden mehr als 160 zum Tode Verurteilte wegen erwiesener Unschuld wieder frei gelassen", sagt Pelke. Und wer weiß, wie viele Unschuldige hingerichtet wurden? "Die Todesstrafe lässt keinen Platz für Fehler", stellt er fest. Und sie hilft auch den Angehörigen der Opfer nicht, davon ist der gläubige Christ zutiefst überzeugt. "Die Todesstrafe bringt keine Heilung, sondern nur neue Gewalt. Aber Vergebung bringt Heilung."