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Unterstützung der Gemeinschaft |
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Sommer der Solidarität in Albanien mit den Freunden aus dem betreuten Wohnen und der Psychiatrie. Dossier
Ende Juli stießen mit Bardhi und Mehmet zwei neue Freunde zur Familie im schönen Haus von Tirana, in dem einige Kranke aus der Psychiatrie der Stadt leben. Nach längerem Warten auf diesen Augenblick wurde mit den Angehörigen und Freunden aus Italien gefeiert. Es ist die bisher letzte Etappe einer langen Freundschaftsgeschichte zwischen Sant'Egidio und Albanien.
Im Juli begann der Sommer der Solidarität, in dem Gruppen von Jugendlichen und Erwachsenen der Gemeinschaften aus Rom, Italien und Europa im Wochenrhythmus nach Albanien kommen und Aktivitäten für Kinder, alte Menschen und Kranke der Psychiatrie, sowie den Bewohnern im betreuten Wohnen der Gemeinschaft in der Hauptstadt Tirana durchführen. Eine dauerhafte Anwesenheit der Gemeinschaft in Albanien begann 1991, doch die Freundschaft fing schon einige Jahre vorher an. Langsam ließ das Land eine sehr schlimme Diktatur hinter sich, die es fünfzig Jahre lang vom Rest der Welt isoliert hatte. Dadurch war es zu großem kulturellen, sozialen, technologischen und industriellen Rückschritt gekommen. Unter dem Führer Enver Hoxha hatte die kommunistische Partei Albaniens jede Art von Kult und Religionsausübung verboten. Nach zwanzig Jahren harter atheistischer Propaganda konnte Hoxha Albanien zum ersten Land erklären, in dem der Staatsatheismus in der Verfassung verankert war. Auch der politische Druck war besonders gewalttätig und forderte Tausende von Opfern. Nach dem Tod von Hoxha (1985) begann das Regime jedoch einen langsamen Öffnungs- und Entspannungsprozess bis zum sanften "Übergang" zur Demokratie.
Die Gemeinschaft Sant'Egidio war die erste internationale Nichtregierungsorganisation, die nach Albanien kam, in ein Land mit einer alten Kultur, das sehr gelitten hatte und viele Probleme aufwies: verbreitete Armut, hohe Kindersterblichkeit, Unterernährung, Versorgungsmängel und fehlende Ressourcen. Wenige Jahre vorher waren die Straßen und Geschäfte noch vom ohrenbetäubenden Summen der Stromgeneratoren erfüllt, die ansprangen, wenn es zum Strommangel kam. Die Albaner waren voller Hoffnung und Fragen, was die Zukunft betraf, und zeigten große Sympathie und Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
Die Gemeinschaft hat einen wichtigen Beitrag zur Anerkennung der Religionsfreiheit geleistet und den Wiederaufbau von Gebetsstätten gefördert, die unter der Diktatur geschlossen worden waren. Es gab zahlreiche umfassende Hilfen im Gesundheitswesen zur Bekämpfung der Unterernährung von Kindern, zur Förderung der Rehabilitation von Behinderten, beim Aufbau von physiotherapeutischen Einrichtungen, bei Programmen zur Bereitstellung von Trinkwasser, bei der Behandlung von kranken Kindern in Italien oder medizinischer Hilfen bei Choleraepidemien und Kinderlähmung. Im Bildungsbereich hat die Gemeinschaft den Wiederaufbau von Schulen unterstützt und andere Hilfen für Schulen organisiert, Lehrpersonal ausgebildet und Friedenserziehung für Kinder und Jugendliche durch die "Schulen des Friedens" ("Shkolla e paqes") durchgeführt. Besonders bedeutsam war das Engagement in verschiedenen Krisen, zum Beispiel für die Kosovoflüchtlinge in Kukes während der Kosovokrise 1999.
Wochen der Solidarität
Heute finden die Wochen der Solidarität in einem Land statt, dass sich immer chaotischer und turbulenter entwickelt. Die allgemeine Lage hat sich sehr verbessert, auch wenn verschiedene vor allem wirtschaftliche und soziale Probleme bleiben. 2009 hat Albanien den Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union gestellt, aber den Status als Beitrittskandidat noch nicht erhalten. Es wurde aber ein Prozess der Visabefreiung eingeleitet. Die Menschen wollen offensichtlich Abstand nehmen von den häufigen politischen und teilweise gewalttätigen Spannungen, die zwischen den Parteien entstehen. Sie möchten leben und die Luft der Freiheit atmen, das Leid und das vom alten Regime erzwungen "Grau" vergessen. Das wird vor allem in Tirana an den bunten Häusern sichtbar. Die Psychiatrie Seit 1995 besteht eine besondere Freundschaft zu den psychisch Kranken in der Abteilung für chronisch Kranke des psychiatrischen Krankenhauses von Tirana, weil die Gemeinschaft sehr betroffen war von ihren extrem schwierigen Lebensbedingungen. Die Gemeinschaft Sant'Egidio hat sich sowohl für die Verbesserung der Lebensbedingungen innerhalb der Einrichtung eingesetzt (Erwerb von Betten, Matratzen, Geschirr, Einrichtung einer Wäscherei, Ausbesserung der Wasserversorgung bei ständigem Wassermangel, Renovierung der Bäder) als auch für die Ernährung der Bewohner, da viele Kranke unterernährt waren. Heute hat sich die Lebensmittelversorgung deutlich verbessert, doch die Gemeinschaft unterstützt diesen Bereich weiter, vor allem durch Versorgung mit Vitaminen (Salat, Obst, Säfte) und Getränken. Durch die regelmäßigen Besuche von Mitgliedern der Gemeinschaft insbesondere im Rahmen der Wochen der Solidarität ist ein Netzwerk der Freundschaft zu den Patienten entstanden, vor allem zu den psychisch Kranken. Von Anfang an gab es den Traum, einmal alle Kranken aus der Psychiatrie herauszuholen und ihnen ein "normales Leben" in einer behüteten und familiären Atmosphäre anzubieten, auch wenn dabei Hilfe und Betreuung notwendig ist. Das Ziel sollte die Schließung dieser Abteilung sein. Der Sommer in Albanien ist auch eine Gelegenheit, um die noch verbliebenen chronisch Kranken in der Psychiatrie häufiger, also am Vormittag und Nachmittag, zu besuchen. Seit einigen Jahren wurde die Abteilung in ein neueres Gebäude verlegt, doch die Freundschaft und Begleitung bleiben unverzichtbar und auch die Hoffnung, alle einmal in das betreute Wohnen aufzunehmen.
Der Vormittag gilt der Körperpflege (rasieren, duschen, etc.) und verschiedenen Aktivitäten in der Arbeitstherapie, wobei gemeinsam Masken, Marionetten und Bühnengegenstände hergestellt werden, die für eine kurze Theateraufführung im betreuten Wohnen verwendet werden. Dadurch vergnügt man sich gemeinsam beim Spiel mit den Farben. Nachmittags wird möglichst vielen Kranken die Möglichkeit zu einem Ausflug angeboten. Dabei werden saubere Kleidung und Schuhe angezogen, man fährt mit dem Bus in die kühlen Berge, besucht ein Cafe und genießt ein gutes Eis oder spielt Volleyball in einem Park, wo man sich auch frei und fröhlich ins Gras legen kann. Oft besucht man auf einem Spaziergang auch das betreute Wohnen und beginnt, sich dort zuhause zu fühlen, man trifft viele Freunde, feiert, trinkt, isst und tanzt. Das ist wie die frische Luft einer frohen Erwartung, einmal ganz das Krankenhaus zu verlassen und wieder ein würdiges Leben in Freundschaft zu führen. Das betreute Wohnen
Der Traum begann schon 2004, als die Gemeinschaft in Tirana ein betreutes Wohnen für psychisch Kranke eröffnete, deren ersten Bewohner aus der Psychiatrie kamen. Diese Erfahrung war von Anfang an positiv, sodass heute mit zwei weiteren Personen eine große Familie von neuen Bewohnern dort untergebracht ist.
In der Wohnung hat jeder eine eigene Aufgabe: Tisch decken, Gartenpflege, Einkauf oder Spülen. Am Vormittag geht man in die Stadt, besucht ein Cafe und trinkt einen Kaffee, während man sich mit den Freunden unterhält. Manchmal macht man einen Ausflug in die Berge, um Erfrischung von der Hitze zu finden, geht im Wald spazieren und isst auswärts. Zuhause liest man die Zeitung, spielt Schach oder Domino, zeichnet oder raucht eine Zigarette.
Dabei wurde die schöne Entdeckung gemacht, dass diese Jahre in der Vertrautheit eines schönen, gastfreundlichen und angemessenen Hauses auch die langsame Rehabilitation der Bewohner gefördert hat. Das Haus war für alle der Anfang eines neuen Lebens. Das gilt auch für die Freunde, die noch in der Psychiatrie sind. Sie sprechen schon vom "Zuhause" nach wenigen Besuchen. In diesem Jahr gibt es diese zusätzliche Verabredung für die Bewohner des betreuten Wohnens. Sie bereiten sich bestens vor, um die Freunde aus der Psychiatrie am Nachmittag gut aufzunehmen, die in Begleitung der Freunde von der Gemeinschaft zu siebt oder acht zu Besuch kommen. Man verbringt den Nachmittag gemeinsam im frischen Garten des Hauses, trinkt erfrischende Getränke, isst Kuchen oder ein "Burek" (eine traditionelle albanische salzige Torte), plaudert, singt und tanzt traditionelle albanische Tänze. Aber nicht nur das. Manchmal bleiben die Gäste aus dem Krankenhaus auch zum Abendessen im Freien, oder man schaut gemeinsam voller Freude ein schönes Theaterstück mit den gebastelten Masken und Marionetten im Garten an. |
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