Würzburg (POW) Ökumene ist mitunter ein steiniger Weg, weil die Beteiligten im alten Denken gefangen sind. Das hat Domkapitular Thomas Keßler, Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators, bei einem ökumenischen Gottesdienst am Donnerstag, 25. Januar, in der Würzburger Marienkapelle betont. Gemeinsam mit Klaus Rieth, Kirchenrat der Württembergischen Evangelischen Landeskirche, stand er der Feier vor, zu der die Gemeinschaft Sant’Egidio im Rahmen der Gebetswoche für die Einheit der Christen eingeladen hatte und an der Vertreter zahlreicher christlicher Konfessionen teilnahmen. Rieth hob hervor, dass die Christen Einheit nicht selbst machen müssten, aber Jesus nach Kräften unterstützen sollten.
Der Kirchenrat erinnerte daran, dass es in der weltweiten Christenheit zahlreiche Konfessionen gibt. „Man denke etwa an die zahlreichen unterschiedlichen Glaubensrichtungen allein im Nordirak, wo noch rund 300.000 Christen leben, oder an die unterschiedlichen Konfessionen, die sich in Jerusalem in der Grabeskirche den Kirchenraum teilen.“ Die Einheit anzustreben, sei die ureigene Aufgabe der Christen. Diese vollständige Einheit könne nur Gott selbst bewirken, die Gläubigen seien aufgefordert, ihren Teil dazu beizutragen. „Das wird nicht zuletzt daran deutlich, dass es einen ‚Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen‘ gibt und dort ausdrücklich nicht das Wort ‚Herstellung‘ verwendet wird.“
Dessen langjähriger Vorsitzender, Kardinal Walter Kasper, betone, Christen sollten nicht so sehr auf das Trennende achten, sondern sich mehr um das bemühen, was sie eine: „das gemeinsame Bibellesen, das gemeinsame Beten und das gemeinsame Helfen in Caritas und Diakonie“. Jesus spreche davon, dass er die Welt überwunden habe, in der die Seinen Angst haben. „Lassen Sie uns gemeinsam diese Angst überwinden und immer wieder neu auf unsere Schwestern und Brüder der jeweils anderen Konfession zugehen. Es eint uns mehr als wir denken, und gemeinsam können wir ein starkes Zeugnis in der Welt abgeben“, sagte Rieth.
Domkapitular Keßler griff in seiner Predigt das Motto der diesjährigen Gebetswoche für die Einheit der Christen auf, den Satz „Deine Rechte, Herr, ist herrlich an Stärke“ aus dem Buch Exodus. Dabei handele es sich um einen kleinen Abschnitt aus dem Siegeslied Mirjams nach dem Durchzug der Israeliten durch das Rote Meer. Israel habe seine Befreiung aus Ägypten nie anders als die Tat Gottes verstanden, als Wunder. „Aber können wir heute so einfach in dieses Befreiungslied einstimmen angesichts dessen, dass nicht nur die Rüstung der Ägypter ins Wasser gefallen ist, sondern auch die Reiter und die Pferde ertranken? Können wir tatsächlich die Stärke Gottes preisen angesichts diese vielfachen Todes?“, fragte Keßler.
Israels Befreiung aus Ägypten sei wie in einem Brennglas in der Lebensgeschichte Jesu von Nazareth gebündelt. „Keiner starb seinetwegen, er starb für die anderen. Das ist die Wende vom Tod zum Leben. Durch ihn sind die Mächte des Todes, ist der Tod selbst bezwungen“, betonte der Domkapitular. Der Weg in die Freiheit sei lang und habe die Israeliten durch Wasser und Wüsten und Jesus durch die Passion geführt. „Auch wir bleiben nur allzu gern in unseren eigenen Lebensgewohnheiten und Lebenserfahrungen sitzen. Befreiung ist nicht im Handumdrehen zu haben, wir müssen sie uns etwas kosten lassen.“ Das gelte auch für die Ökumene. Ägypten sei überall, wo Menschen unter innerer und äußerer Fremdherrschaft litten. „Wir sind gerufen, aus solchen Gefangenschaften aufzubrechen und anderen den Aufbruch zu ermöglichen, weil Gott uns auf dem Marsch durch die Wüste begleitet.“ Auf diese Hand Gottes beziehe sich der Satz aus dem Lied der Mirjam. „Diese trägt auch uns in unserem Leben, in unserem Tod bis hinein in das Osterfest unseres Lebens“, betonte Domkapitular Keßler.