zur�ck zu:
verantwortlich
Mario Giro
|
|
DER
KRIEG, DER VATER ALLER ARMUT
Mosambik
Die Gemeinschaft Sant'Egidio hat nach und nach verstanden, dass in unserer Welt Konflikte und Armut immer enger miteinander verbunden sind. Der Krieg ist der �Vater aller Armut". Er zerst�rt den humanit�ren Einsatz f�r die Zukunft ganzer V�lker. Im B�rgerkrieg erkennen sich die Mitglieder eines Volkes nicht mehr als Br�der an.
Der Krieg ist auch das Fehlen jeglicher Gerechtigkeit, wie man es in vielen L�ndern sieht, wo der Konflikt es unm�glich macht, die grundlegendsten Menschenrechte zu verteidigen, z.B. in Lateinamerika und in Afrika. Die Zivilbev�lkerung ist das erste Opfer des Konflikts und ger�t zwischen die Fronten. Die am meisten Betroffenen unter der Zivilbev�lkerung sind die Armen, die Mittellosen, die niemand verteidigt und die oft zu Opfern der Gewalt von beiden Seiten werden.
In L�ndern und Regionen, die von solchen Ereignissen ersch�ttert werden, ist keine Entwicklung m�glich, solange die Gerechtigkeit von der Logik der Gewalt beherrscht wird.
Monsignore
Oscar
Arnulfo Romero
1981 wurde Pater Jesus Delgado nach Sant'Egidio eingeladen, um
�ber das Martyrium des Friedens und der Gerechtigkeit von Monsignore Oscar Arnulfo Romero
Zeugnis abzulegen. Romero war Erzbischof von San Salvador, der Hauptstadt eines kleinen Landes in Zentralamerika, wo ein B�rgerkrieg
tobte. Die Worte des Bischofssekret�rs beschreiben das Drama von Salvador als das Schicksal eines kleinen Landes, das in einem langen Krieg sich selbst �berlassen ist. Dieser Krieg wird von den Regierungen der Gro�m�chte und Europas als ein Krieg "auf niedrigem Niveau" und deshalb als akzeptabel angesehen.
Ausgel�st durch diese und andere Zeugnisse begann seit Mitte der 80er Jahre in der Gemeinschaft Sant'Egidio eine Reflektion �ber den Wert des Friedens, besonders im Hinblick auf die Situation des S�dens der Welt. Dort f�hren offensichtlich die Konflikte dazu, dass Hunger und Unterversorgung bis ins Unermessliche wachsen, wie z.B. in Afrika. In Lateinamerika liegen die Wurzeln f�r die Konflikte in der Ungerechtigkeit der Ausgrenzung gro�er Teile der Bev�lkerung, die in gro�er Armut leben.
Der Schmerzensschrei, der aus dem S�den der Welt und besonders aus Afrika emporsteigt, erreicht uns durch die Anfragen und Berichte von Bisch�fen, Missionaren und Freunden der Gemeinschaft. Die Gemeinschaft schickt humanit�re Hilfsg�ter in viele L�nder des S�dens. Aber der Krieg ist eine brutale Realit�t, der jede Anstrengung f�r die Kooperation zunichte macht.
In der Geschichte der Solidarit�t mit Mosambik stellt dieses Land f�r Sant'Egidio den verlassenen Kontinent Afrika dar, in den F�ngen eines Konfliktes, der nicht nur unz�hlige Opfer forderte, sondern auch die Versuche schwierig machte, das Leid der Bev�lkerung w�hrend der Hungersn�te in der zweiten H�lfte der 80er Jahre zu lindern. Die Freundschaft mit Don Jaime Gon�alves, Erzbischof von Beira, einer Stadt im Zentrum des Landes, half, das Leiden eines Volkes zwischen Krieg und Hungersnot zu verstehen. Au�erdem litt die mosambikanische Kirche in jenen Jahren unter der Unterdr�ckung durch das Regime, welches eine afro-marxistische Ausrichtung hatte.
Schiff mit
Hilfslieferungen
f�r Mosambik
In k�rzester Zeit sandte die Gemeinschaft drei Flugzeuge und zwei Schiffe beladen mit Lebensmitteln, Kleidung, lebensnotwendigen Artikeln, aber auch Werkzeugen in das Land. Eine derartige humanit�re Anstrengung war zudem n�tzlich in dem Bem�hen, ein �Tauwetter� zwischen
der Regierung und der katholischen Kirche herbeizuf�hren, die bis dahin als �Feindin des Volkes� angesehen wurde. Doch jede Hilfe schien von den Kampfhandlungen verschlungen zu werden, welche die Bem�hungen f�r den Aufbau des Landes zunichte machten. Nach und nach wurde die Notwendigkeit offensichtlich, das Hauptproblem anzugehen, n�mlich die Vers�hnung zwischen der Regierung der Frente de Libera�ao de Mo�ambique (FRELIMO) und der Guerilla Resistencia Nacional de Mo�ambique
(RENAMO).
Der �bergang von Sant�Egidio vom Terrain der humanit�ren Hilfe zu jenem widerspr�chlichen �
Gebiet der Politik geschah genau an diesem Punkt: Viele westliche Regierungen dachten damals, dass der Konflikt in Mosambik erst nach der L�sung des Apartheidproblems in S�dafrika angegangen werden
k�nnte. Das Ergebnis war eine Unt�tigkeit gegen�ber einem Konflikt, der zu jener Zeit bereits mehr als 10 Jahre andauerte und eine enorme Anzahl an Opfern und Vertriebenen gefordert hatte. Sant'Egidio hatte eine andere Wahrnehmung der Situation: Trotz der historischen Bindungen an die allgemeine Situation des s�dlichen Afrika stellte man bei beiden Konfliktparteien fest, dass das Vertrauen in eine milit�rische L�sung immer weiter nachlie�. Gleichzeitig kristallisierten sich interne Gr�nde f�r den Konflikt heraus, die eine unbegrenzte Fortsetzung zur Folge gehabt h�tten.
Nach verschiedenen Bem�hungen, institutionelle Unterst�tzung zu finden, bot sich die Gemeinschaft Sant'Egidio direkt als "Vermittler" an. Es wurden zuverl�ssige Kontakte mit der Guerilla der RENAMO aufgenommen. Die Verhandlungen begannen unter gro�en Schwierigkeiten: Es gab das Problem der Anerkennung, damit die Verhandlungen nicht die Form einer gegenseitigen Gerichtsverhandlung annahmen; es gab auch ein Kommunikationsproblem zwischen den Verhandlungsf�hrern und den Verantwortlichen in Mosambik. Die Regierung der FRELIMO bem�hte sich um eine sofortige Waffenruhe und ber�hrte damit den einzigen Trumpf, den die RENAMO in den Verhandlungen hatte. Au�erdem musste ein Klima des Vertrauens geschaffen werden, um die Gespr�che fortsetzen zu k�nnen.
Rom 1990
Verhandlungen f�r den Frieden in Mosambik
Zusammen mit Bischof Jaime Gon�alves und dem Vertreter der italienischen Regierung, Mario Raffaelli, er�ffneten Andrea Riccardi und Matteo Zuppi im Juli 1990 die Verhandlungsrunde im Sitz der Gemeinschaft in Trastevere, Rom. Bei diesem Anlass richtete Andrea Riccardi eine Rede an die beiden Delegationen, welche die Grundlage f�r die "Methode" bei den Gespr�chen bildete:
"Dieses Haus, dieses alte Kloster, ist in diesen Tagen ein mosambikanisches Haus f�r Mosambikaner (...) Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass wir mosambikanische Patrioten, wirkliche Afrikaner, und keine Au�enstehenden vor uns haben. Jeder von Ihnen ist im Land tief verwurzelt. Ihre Geschichte hei�t Mosambik. Ihre Zukunft hei�t Mosambik. Wir selbst sind Gastgeber eines Ereignisses und eines Treffens, das wir als vollkommen mosambikanisch empfinden. Unter dieser Perspektive will unsere Pr�senz stark sein, was die Freundschaft betrifft, aber auch zur�ckhaltend und respektvoll."
Riccardi unterstrich auch das Prinzip, welches von da an das Fundament f�r die langen Verhandlungen war:
"Im Blick auf Vergangenheit und Zukunft gibt es schwerwiegende Probleme. Wir m�ssen uns dar�ber im Klaren sein, dass jedes Problem Missverst�ndnisse hervorrufen kann und dass Interpretationen sehr verschieden sein k�nnen. Werden wir f�hig sein, diese Probleme zu l�sen und die menschlichen und politischen Schwierigkeiten auf diesem Gebiet zu �berwinden? Dazu f�llt mir der Ausspruch eines gro�en Papstes, Johannes XXIII., ein, der auch sein Arbeitsmotto war: >Bem�hen wir uns, das zu suchen, was verbindet, nicht das, was entzweit<. Das Bem�hen um das, was verbindet kann auch f�r uns ein Arbeitsmotto und der Geist dieses Treffens sein. Das, was verbindet, ist nicht wenig, sondern viel. Da ist die gro�e mosambikanische Familie mit ihrer Geschichte von uraltem Leid (...) Die Einheit der mosambikanischen Familie hat diese Leidensgeschichte �berlebt. Wir stehen heute - das sei mir gestattet zu sagen - vor zwei Br�dern, die derselben Familie angeh�ren, die in diesen letzten Jahren verschiedene Erfahrungen gemacht haben, die sich gegenseitig bek�mpft haben. (...) Auseinandersetzungen mit anderen vergehen. Unter Br�dern ist das alles scheinbar schwieriger. Und doch bleibt man immer Bruder, trotz aller schmerzhaften Erfahrungen. Das ist es, was verbindet, mosambikanische Br�der zu sein, Teil derselben gro�en Familie."
Die Resonanz auf diese Worte findet sich in dem ersten gemeinsamen Dokument, das von beiden Parteien unterzeichnet wurde: Sie erkennen sich gegenseitig als "Landsleute und Mitglieder der gleichen gro�en mosambikanischen Familie" an. Dieses Sich-Anerkennen als Br�der, als Kinder des gleichen Volkes, ist entscheidend: es spiegelt die biblische Begebenheit von Josef und seinen Br�dern wieder, die ebenfalls von Andrea Riccardi in seiner Eingangsrede zitiert wurde. Es gibt eine tiefe Trennung: Die Br�der erkennen Josef, der Minister in �gypten ist, nicht. An einem bestimmten Punkt geht Josef weinend auf seine Br�der zu und gibt sich zu erkennen. De facto Br�der zu sein, sich aber nicht als solche anzuerkennen, dieser entscheidende Punkt muss bei den Verhandlungen �berwunden werden.
Die mosambikanischen Verhandlungen dauerten 27 Monate und fanden in 11 Arbeitssitzungen statt. Trotz der H�hen und Tiefen festigte sich zwischen den Parteien ein wirklich konstruktives Klima und es verst�rkte sich die schlie�lich unumkehrbare Entscheidung f�r eine Verhandlungsl�sung. Um diese mosambikanische Entwicklung zu beobachten und zu unterst�tzen, wurden einige Vertreter westlicher Regierungen und der Region selber sowie ein Abgesandter der Vereinten Nationen eingeladen. Im letzten Jahrzehnt ist der allgemeine Friedensvertrag, der am 4. Oktober 1992 in Sant'Egidio unterschrieben wurde, bis heute eines der wenigen Beispiele f�r die Beilegung eines Konfliktes durch Friedensverhandlungen in Afrika.
Rom, 4. Oktober 1992
Die Unterzeichnung des Friedensvertrages f�r Mosambik
Der Frieden in Mosambik ist beispielhaft daf�r geworden, wie eine Nichtregierungsorganisation wie die Gemeinschaft Sant'Egidio, eine Vermittlung dank einer Mischung und einer Synergie aus Verantwortung von Regierungs- und Nichtregierungsstellen erfolgreich zu Ende f�hren kann.
|
|